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echo-Interview, Mai 2018

Gleich lange Spiesse für alle dank „Flat Rate“

ELIPSLIFE ECHO - EINE GESPRÄCHSSERIE MIT PERSÖNLICHKEITEN AUS DER WIRTSCHAFT

echo-Interview mit Jakob Richi

echo-interview mit Jakob Richi, Verwaltungsratspräsident Richi AG, Weiningen

elipsLife echo: Herr Richi, in der Region Zürich sind Richi-Kieslastwagen ein Begriff. Die Firma macht jedoch mehr als Kiestransporte. Wo ist sie sonst noch aktiv?

Jakob Richi: Wir betreiben in Weiningen drei Firmen. Die Richi AG produziert und vertreibt Kies, stellt Transportbeton her und bietet einen Muldenservice für Abfälle von Baustellen an. Zur Richi AG gehört auch der Bereich Krane und Spezialtransporte mit Kranfahrzeugen, die bis zu 350 Tonnen heben können. Die Entsorgungszentrum Richi AG, die EZR AG, befasst sich mit Recycling und Entsorgung aller Art: Wir brechen Häuser ab, arbeiten die Materialien auf und machen aus Alt Neu. Schliesslich ist die Richi Bau AG auf Baustellen tätig. Unser Hauptthema ist das Schliessen von Stoffkreisläufen. Auf unserem Gelände in Weiningen können wir diese Philosophie voll umsetzen.

Wie viele Mitarbeitende beschäftigen Ihre Firmen und wie gross ist der Fuhrpark?

Die drei Firmen Richi AG, EZR AG und Richi Bau AG, die sich zu 100% in Familienbesitz befinden, beschäftigen rund 150 Mitarbeitende: Chauffeure für unsere rund 60 Lastwagen und Kranfahrzeuge, Maschinisten für die 40 Bagger, Baumaschinen und Pneulader sowie etwa 40 Werksleute, die in unseren Kieswerken, Sortierungshallen und Betonwerken arbeiten. Gut zehn Personen sind in Führungs- und Administrationsfunktionen tätig.

Sie betreiben in Ihrem Entsorgungszentrum ein Biomassenkraftwerk und produzieren rund 17‘500 Megawattstunden Strom. Damit lassen sich 2‘500 – 3‘000 Haushalte versorgen. Lohnt sich das bei den geltenden Einspeisevergütungen?

Knapp. Wir betreiben das Kraftwerk nicht aus Rentabilitätsgründen, sondern vor allem aus ökologischen Gründen. Früher exportierten wir das Altholz. Bis zu 900 Fuhren karrten wir jährlich mit Lastwagen nach Norditalien. Dort wurde es verbrannt oder zu Spanplatten verarbeitet. Die Einführung der Schwerverkehrsabgabe LSVA verursachte aber sehr hohe Kosten. Gleichzeitig widersprachen diese Transporte unserer Stoffkreislauf-Philosophie. So entstand vor rund 12 Jahren die Idee, das Holz vor Ort zu verbrennen, daraus Öko-Strom zu produzieren und ins Netz einfliessen zu lassen.

Für Ihre Spezialfahrzeuge benötigen Sie erfahrene Mitarbeiter. Bilden Sie diese selbst aus?

Der Führerausweis für Lastwagen ist Voraussetzung, um einen Pneukran fahren zu dürfen. Ein Chauffeur muss diesen Ausweis bei seiner Anstellung mitbringen. Bei uns lernt er dann das Fahren und Bedienen eines Pneukrans. Die entsprechende Prüfung müssen die Chauffeure allerdings in Sursee beim Baumeisterverband ablegen.

Interview with Jakob Richi

Was sind aus Ihrer Sicht die Ingredienzen für unternehmerischen Erfolg?

Wer im Bauwesen mit seinen speziellen Leuten und Kundschaften tätig sein will, muss das nötige Flair mitbringen. Ausserdem braucht es wie überall kompetente Mitarbeitende mit der richtigen Einstellung und Einsatzbereitschaft. Fast ebenso wichtig sind die richtigen Fahrzeuge. Und ganz entscheidend ist in unserem Fall der optimale Standort der Firma. Das Firmenareal hier in Weiningen mit seinen 120‘000 Quadratmetern Fläche ist ein zentrales Element unseres Erfolgs. Weil unser Thema die regionale Ent- und Versorgung ist, liegen wir 8 bis 10 Kilometern vor Zürich mit seiner regen Bautätigkeit ideal. Kurze Wege sind in unserem Geschäft entscheidend.

Spielt das Thema Vorsorge bei Neuanstellungen in Ihrer Firma eine Rolle?

Von Seiten der Kandidaten erstaunlich wenig. Wenn überhaupt, dann bei Leuten über 50. Für junge Leute ist das Thema schlicht zu weit weg. Unsererseits gehen wir das Thema Vorsorge jedoch aktiv an, und bei Unterhaltspflichtigen stossen wir auf Interesse. Ihnen bieten wir spezielle Leistungen wie etwa zusätzliches Todesfallkapital an. Es war schon immer unser Anliegen, dass Unterhaltspflichtige in unserem Unternehmen richtig versichert sind.

Die Altersvorsorge ist zuoberst auf dem Sorgenbarometer, doch seit 20 Jahren kommt keine Reform mehr zu Stande. Nun will der Bundesrat die Sanierung der 1. Säule vorziehen und bei der Finanzierung vor allem auf die Erhöhung der Mehrwertsteuer setzen. Eine gute Idee?

Vermutlich ist es der einzig praktikable Weg. Eine andere Lösung sehe ich nicht. Abgesehen davon ist dieser Ansatz auch für die Politiker am angenehmsten. Ich höre immer wieder, die Erhöhung der Mehrwertsteuer sei das Einzige, das politisch umsetzbar sei.

Wie stehen Sie zum Rentenalter 65 für Frauen?

Das ist für mich selbstverständlich. Ich wüsste keinen Grund, warum Frauen nicht bis 65 arbeiten sollten. Die Gleichbehandlung ist ja gesellschaftlich gefordert. Mich erstaunen deshalb die politischen Aufschreie. Ich wüsste übrigens auch nicht, warum wir nicht alle länger als bis 65 arbeiten sollten. Schliesslich werden wir immer älter und gesünder.

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Zu den Pensionskassen: Besteht nicht die Gefahr, dass Zinsumfeld und demografische Entwicklung die 2. Säule aus den Angeln heben und wir Opfer von nicht finanzierbaren Leistungsversprechen werden?

Seit wir die tiefen Zinsen haben, ist Vieles auch billiger geworden, zum Beispiel der Wohnungsbau. Es ist eine Frage der Zeit, bis die Mieten sinken müssen. Aber bei den Renten will man den Status quo erhalten oder will gar noch mehr. Doch die Situation hat sich verändert, es wird Abstriche geben müssen. Aktuell sind die Zinsen zu tief, um wie bisher weiterfahren zu können. Wir sitzen alle im gleichen Boot und haben diese Fakten zu akzeptieren.

Sollen Rentenbezüger an der Sanierung der 2. Säule beteiligt werden oder sind erworbene Rentenansprüche tabu?

Wenn Mittel nicht reichen, müssen Leistungen so weit herabgesetzt werden, bis die Mittel wieder genügen. Vor dieser Tatsache sind für mich erworbene Rentenansprüche nicht tabu. Garantierte Renten werden keinen Bestand haben. Auch wenn es zum Politikum wird: um Anpassungen der Leistungen kommen wir nicht herum. Heute leeren die Alten den Jungen die Kasse. Das kann es doch nicht sein.

Ist die 3. Säule vom Staat vermehrt zu fördern, um die 1. und 2. Säule zu entlasten?

Wir haben heute mit AHV, PK und 3. Säule drei Standbeine – und ein Dreibein fällt nie um, wenn es richtig aufgestellt ist. Bei der 3. Säule, der selbständigen und freiwilligen Säule, sollten die Beiträge angehoben, wenn nicht gar freigegeben werden. Dies würde den Staat zwar einige Steuerfranken kosten, doch sollte man Leute unterstützen, die freiwillige Kapitalbildungen machen. Jene, die im Alter nichts haben und Ergänzungsleistungen beanspruchen, sind für den Staat das viel grössere Problem.

Wenn Sie heute den Pensionskassen einen Rat geben könnten: Wie würde dieser lauten?

Das BVG-Beitragssystem basiert seit 1985 auf steigenden Prozentbeiträgen, die ältesten Beitragszahler kommen auf bis zu 18%. Dies führt dazu, dass ältere Mitarbeitende für Unternehmen zu teuer werden. Dieses System muss gekappt werden. Ich bin ein klarer Verfechter einer „Flat Rate“, eines Einheitssatzes für alle. Das würde die Jungen zu Beginn treffen, weil sie weniger Geld zur Verfügung hätten, doch das Thema „ältere Bewerber sind zu teuer“ wäre vom Tisch. Und die Jungen würden auch profitieren, wenn sie älter werden. Die Pensionskassen sollten diese Idee einmal durchrechnen. Bei der Bestimmung der Höhe des Einheitszinssatzes könnten sich die Politiker auf Statistiken verlassen. Davon gibt es ja genug.

Ferner ist der automatisierte Teuerungsausgleichs zu überprüfen. Mitarbeiter ab einem zu definierenden Alter müssen damit leben lernen, dass es keinen Teuerungsausgleich mehr gibt. Denn es gilt dafür zu sorgen, dass Leute dieser Alterskategorie auf dem Arbeitsmarkt nicht noch teurer werden. Jedes Mal wenn ich mit Politikern über dieses Thema spreche, höre ich allerdings die gleiche Antwort: „Das ist politisch zu brisant, nicht umsetzbar.“ Warum eigentlich?

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Zur Person
Jakob Richi
Verwaltungsratspräsident Richi AG, Weiningen

Jakob Richi, 1957, aus Weiningen ZH, ist Logistikunternehmer und steht seit 2008 als Verwaltungsratspräsident den drei in Familienbesitz befindlichen Unternehmen Richi AG, Entsorgungszentrum Richi AG und Richi Bau AG vor. Zuvor war er seit 1985 auch Geschäftsführer der drei Unternehmen, bis er 2017 diese Funktion seinem Nachfolger übergab. Der verheiratete Vater von drei erwachsenen Kindern findet den Ausgleich zu seiner Berufstätigkeit auf den Schiffskanälen in Frankreich, mit Oldtimerrennwagen und mit schottischen Hochlandrindern.

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