echo-Interview mit Bernard Perritaz, Mitglied der Geschäftsleitung Kessler & Co AG (Leitung Westschweiz)
elipsLife echo: Die Digitalisierung stellt in der Versicherungsbranche gerade Vieles auf den Kopf. Wie geht Kessler als eines der führenden hiesigen Broker-Unternehmen in der Versicherungs- und Vorsorgeberatung das Thema an?
Bernard Perritaz: Kessler versteht die Digitalisierung in erster Linie als Chance, das Thema hat grosse Priorität. Als Berater und Vermittler zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer hilft uns alles, was der Beschleunigung, Verbesserung und Vereinfachung der Prozesse und der Datenqualität dient. Entsprechend haben wir viel in die Digitalisierung investiert, auf Unternehmens- wie auf Branchenebene. Die Digitalisierung betrifft die Assekuranz allgemein, ganz besonders aber die Pensionskassen: Versicherte und Arbeitgeber wollen heute digital kommunizieren – da müssen wir ganz einfach bereit sein.
Welche Aspekte stehen dabei im Vordergrund?
Auf Branchenebene geht es vor allem darum, eine technische Infrastruktur auf die Beine zu stellen, vergleichbar mit dem Six-System der Banken. Leider ist zu sagen, dass die Versicherungsbranche in der Schweiz in Sachen Digitalisierung alles andere als Spitze ist. Verglichen mit einem Land wie Belgien, das wie die Schweiz stark exportorientiert ist, liegen wir 20 Jahre zurück. Der Grund ist einfach: Der Schweizer Markt fokussierte viel zu lange auf den eigenen Vertrieb, in den Händen von allgemeinen Versicherungsagenturen, und war zudem stark geschützt. Es bestand also wenig Notwendigkeit, die Effizienz zu steigern und kein Wettbewerb. Das wollen wir ändern, zum Beispiel mit EcoHub (eine Online-Plattform für den Versicherungs-, Vorsorge- und Brokermarkt, Anmerk. d. Red.) sowie Unternehmen wie Sobrado.
Welches sind – nebst der Digitalisierung – die grössten Herausforderungen im Brokermarkt?
Seit rund zwei Jahren sind wir in einem harten Markt. Und Covid hat die Rahmenbedingungen abermals schwieriger gemacht. Wir müssen heute in allen Bereichen kämpfen, um gute Konditionen für unsere Kunden zu erzielen. Zudem herrscht im Brokermarkt ein starker Konkurrenzkampf. Im Augenblick erleben wir eine Konzentrationswelle, es kommt zu bedeutenden Übernahmen. Kessler ist in dieser Hinsicht sehr zurückhaltend. Wir setzen auf organisches Wachstum. Wir wollen unsere Kunden und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht kaufen, sondern durch Leistungen überzeugen. Die dritte grosse Herausforderung ist der Mangel an Fachpersonal. Wie vielen anderen Branchen auch, fehlt der Assekuranz gut qualifiziertes Personal.
Auch wenn Corona zurzeit alles überschattet, die Altersvorsorge ist die grösste Sorge der Schweizerinnen und Schweizer. Seit Jahren müht sich die Politik mit dem Thema ab, als letztes hat der Ständerat im Rahmen der AHV-Revision die Erhöhung des Frauen-Rentenalters auf 65 Jahren beschlossen. Wie stehen Sie dazu?
Für mich ist die Angleichung des Rentenalters eine Selbstverständlichkeit. Das ist richtig und nötig. Selbstverständlich müssen die Gleichstellungs- und Kompensationsfragen gelöst werden, aber es gibt heute keinen Grund mehr, unterschiedliche Rentenalter zu haben. Ich bin davon überzeugt, dass die Stimmbevölkerung reif ist für diesen Schritt.