Fachartikel von Kirsten Rehage, November 2021

Betriebliches Eingliederungsmanagement: Mehr als eine lästige Verpflichtung

Arbeitgeber, die ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) nicht als „lästige Verpflichtung“ sehen, haben bereits gewonnen. Schon seit 2004 besteht für Arbeitgeber die gesetzliche Verpflichtung, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Dies gemäß § 167 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IX, wenn Mitarbeitende in den letzten 12 Monaten länger als sechs Wochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren. Für Arbeitgeber bedeutet ein BEM eine echte Chance. Ein gut etablierter BEM-Prozess trägt dazu bei, Fehlzeiten zu reduzieren und die Mitarbeiterbindung sowie das Employer Branding zu stärken. 

BEM als strategisches Instrument gezielt einsetzen

Grundsätzlich ist es Ziel des BEM, die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeitenden bei der Rückkehr in den Betrieb mit ggf. angepassten Arbeitsbedingungen zu erhalten und weitere Ausfälle bzw. eine Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes zu vermeiden. Dabei ist die Teilnahme für die betroffene Person freiwillig. Gemäß der Erwerbstätigenbefragung 2018 des Bundesinstituts für Berufsbildung und des Bundesamts für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erhalten in Deutschland lediglich 40% der Erwerbstätigen ein Angebot zur Durchführung eines BEM. Dieses Ergebnis zeigt, dass dessen Bedeutung noch immer unterschätzt wird und Nachholbedarf besteht. BEM ist besonders in jenen Branchen verbreitet, die Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung durchführen und bei denen Führung auf Anerkennung sowie Unterstützung basiert und das kollegiale Verhalten ausgeprägt ist. 

Das BEM ist Teil des Fehlzeitenmanagements und somit ein wichtiges strategisches Instrument. Studien belegen den Erfolg eindeutig: Nachweislich kann BEM die Krankheitsdauer reduzieren und die krankheitsbedingten Ausfallzeiten verringern. Die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden wird erhalten, im besten Fall sogar gesteigert. Ein Mehrwert, den Arbeitgeber nicht unterschätzen sollten.

Datenschutz ist zentral. Ganz wichtig: Die erhobenen Daten müssen im Zusammenhang mit den definierten Zielen steht. Es gilt der Grundsatz der „Datensparsamkeit“. Gesundheitsdaten aus dem BEM-Verfahren dürfen nicht in der Personalakte vermerkt werden. Vielmehr ist eine separate Akte anzulegen und diese auch getrennt von der Personalakte aufzubewahren. Zugriff darf nur ein kleiner Personenkreis haben, der auch in das Verfahren involviert ist. 

Vorteile eines externen BEM
Arbeitgeber können ihre Verpflichtung zur Durchführung auf Dienstleister übertragen. Dies schont Ressourcen und spart Kosten, da Zeit und Know-how für ein BEM nicht intern bereitgehalten werden müssen. Ein externes BEM ist eine Alternative für große und kleine Unternehmen und bietet sich auch für Firmen an, die an dezentralen Standorten tätig sind. So braucht es nicht für jeden Standort eine interne beauftragte Person mit entsprechendem Know-how. 

Vertrauen ist Grundvoraussetzung für den Erfolg. Aufgrund seiner Neutralität wird einem externen BEM-Beauftragten rascher Vertrauen entgegengebracht. Von der betroffenen Person wird er häufig auch als neutraler Lotse wahrgenommen. Ein externer BEM-Beauftragter unterliegt genau wie ein interner Beauftragter der Verschwiegenheit über Inhalte von Gesprächen. Informationen an den Arbeitgeber und/oder eine Interessenvertretung werden nur nach explizitem Einverständnis der betroffenen Person und ressourcenorientiert weitergegeben. 

Externes BEM im Rahmen des elipsLife Care Management

Im Rahmen des elipsLife Care Management haben Kunden die Möglichkeit, ihre Verpflichtung zur Durchführung eines BEM auf elipsLife zu übertragen. Betroffene Personen werden dabei bedarfsgerecht unterstützt, um an ihrem Arbeitsplatz verbleiben bzw. schnellstmöglich an diesen zurückkehren zu können. Dies bietet auch Vorteile für Arbeitgeber. Sofern die betroffene Person einverstanden ist, wird der Arbeitgeber frühzeitig in den Prozess eingebunden. Dies hilft, die Ziele des BEM zu erreichen und dem Arbeitgeber Planungssicherheit zu geben.

Aus der Praxis
Expertenmeinung von Matthias Blaschke (Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter des Bereichs Berufskunde beim medizinisch-berufskundlichen Beratungs- und Reintegrationsdienst „ReIntra“ sowie von der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung geprüfter, zertifizierter Disability Manager, CDMP).

Jeder Arbeitgeber hat die gesetzliche Verpflichtung, bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen seinen Mitarbeitenden ein BEM anzubieten. Wie genau das passieren soll, gibt der Gesetzgeber nicht vor. In manchen Firmen übernehmen der betriebsmedizinische Dienst und/oder eine der Personalabteilung angegliederte spezielle BEM-Abteilung eine zentrale Koordinationsrolle. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen geraten dabei aber schnell an Grenzen. Hier kann ein externes BEM die Lösung sein. 

Im Rahmen des BEM stellen sich oft folgende Fragen: 
Kann die bisherige Tätigkeit trotz/nach einer Erkrankung noch bzw. wieder voll ausgefüllt werden? 
Kann bzw. muss der bestehende Arbeitsplatz angepasst werden? 
Kann auf einen anderen, leistungsgerechten Arbeitsplatz gewechselt werden?
Welche Alternativen gibt es?

Diese Fragen sind nicht einfach zu beantworten. Ein erfahrener „Blick von außen“ mit der damit verbundenen Neutralität kann dabei ein entscheidender Vorteil sein. Experten mit der notwendigen Fachexpertise im medizinischen wie auch im berufskundlichen Bereich unterstützen die betroffenen Mitarbeitenden und den Arbeitgeber. 

Grundsätzlich ist Vertrauen zwischen dem BEM-Berater und der betroffenen Person Basis für einen erfolgreichen BEM-Prozess. Die Erfahrung zeigt dabei, dass sich Mitarbeitende in ihrer schwierigen Situation einem externen BEM-Berater gegenüber eher öffnen. Denn die wenigsten möchten ihrem Arbeitgeber Einblicke in ihr Privatleben gewähren, weil dies – wie eine ungelöste Kinderbetreuung oder die Betreuung von Angehörigen – auch Auswirkungen auf die Berufsausübung haben kann. In der Praxis zeigt sich, dass gerade der ganzheitliche Ansatz eines außenstehenden BEM-Experten ein nicht zu vernachlässigender Erfolgsfaktor ist – weil bei einem externen BEM nicht nur die Auswirkungen der Erkrankung auf die Arbeit im Fokus stehen, sondern auch, wie diese gemeistert werden können. Aber auch die privaten Sorgen und Nöte, bei denen ggf. Hilfe geleistet werden kann, finden Gehör. Dies hat einen positiven Einfluss auf den weiteren Verlauf des BEM-Prozesses. Vor diesem Hintergrund ist ein externes BEM für Arbeitgeber und Mitarbeitende eine wertvolle Alternative, die in vielerlei Hinsicht Mehrwerte bietet.  

Source image: freepik/yanalya

Zur Person
Kirsten Rehage
Head Care & Claims Management elipsLife Germany & Austria

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