Fachartikel von Lucas Müller im Personalmagazin, Februar 2021

Emotionales Wellbeing steigert die Resilienz der Mitarbeitenden

Resiliente Belegschaften kommen nicht nur besser durch die Corona-Krise, sie schaffen das auch mit mehr Innovation. Eine zentrale Rolle spielt hierbei das emotionale Wellbeing. Doch der Reihe nach.

Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandskraft, also die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen. Darüber hinaus nehmen wir an, dass resiliente Mitarbeitende gesünder und produktiver sind und ein höheres Motivationslevel aufweisen, was sich positiv auf das Zugehörigkeitsgefühl, die Loyalität und damit auf die Bindung zum Arbeitgeber auswirkt. Dieser kann die Resilienz der Mitarbeitenden mit Programmen zum körperlichen und emotionalen Wellbeing aktiv beeinflussen. Es geht also darum, ein berufliches Umfeld zu schaffen, das fortlaufend in das Resilienzkonto der Mitarbeiter einzahlt und sie so körperlich und emotional widerstandsfähiger, gesünder und produktiver macht.
 
Emotionales Wellbeing ist keine exakte Wissenschaft, sondern facettenreich und je nach Unternehmens- und Führungskultur unterschiedlich ausgeprägt. Die Übersicht unten zeigt die wesentlichen Aspekte für das Erreichen von emotionalem Wellbeing in einer Belegschaft.

Graph showing the emotional wellbeing

Leadership, also die empathische Führung, transparente Kommunikation, das Gefühl von Sicherheit, emotionale Zugehörigkeit zu einem Verbund und individuelle Freiheiten – das sind die fünf Kategorien, die meines Erachtens emotionales Wellbeing fördern.

Leadership
Empathische, authentische Führung ist das zentrale Element für emotionales Wellbeing. Entscheidende Merkmale hierfür sind:

  • Gute Führungskräfte vermitteln Sinn: Die Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit und die Daseinsberechtigung des Unternehmens erfahren zusätzliche Bedeutung. Führungskräfte tun gut daran, diesen sogenannten Purpose aktiv zu vermitteln, um Stolz für die gemeinsame Sache zu entwickeln, die Motivation zu erhöhen und die Autonomie der Mitarbeitenden zu fördern.
  • Das Resultat zählt: Der Output ist wichtiger als der Input. Nicht Arbeitsort und eingesetzte Zeit sind entscheidend, sondern das Ergebnis. Arbeitszeiten und Lokalitäten können flexibel gestaltet werden, was sowohl die Work-Life-Balance als auch – dank Übereinstimmung mit dem individuellen biologischen Rhythmus – die Produktivität optimiert.
  • Mitarbeitende befähigen: Dank vermitteltem Sinn agieren Mitarbeitende autonomer und mit hoher Eigenmotivation, sie übernehmen Ownership, wollen sich weiterentwickeln und entfalten. Gute Führungskräfte gestalten diesen Prozess aktiv, sie befähigen Mitarbeitende, übertragen ihnen Freiheiten und Verantwortung und bringen ihnen ein hohes Maß an Vertrauen entgegen (Empowerment).
  • Wertschätzung und Anerkennung: Zur Förderung emotionalen Wellbeings sind das mächtige Instrumente, sofern es ehrlich gemeint ist. Wertschätzung zu zeigen ist kostenlos und hat eine enorme Wirkung auf den Einsatzwillen und die emotionale Bindung zum Arbeitgeber. Unternehmen mit hoher ungewollter Fluktuation finden in diesem Punkt meist Verbesserungspotenzial.

Transparente Kommunikation
In der Krise werden Kommunikation und der regelmäßige Austausch im Team noch wichtiger. Wegen der geringeren Präsenzzeiten ist die Gemütslage der Mitarbeitenden nicht immer erkennbar, der digitale Kanal zeigt nicht das ganze Bild. Es fehlen der Austausch im Büro, die kurzen gemeinsamen Kaffeepausen und die informativen Ganggespräche. Sind Führungskräfte nicht mehr spürbar, fehlen rasch Wertschätzung und Stoßrichtung und es kann eine emotionale Negativspirale einsetzen. Auch wenn in einer Krise vieles unklar ist, sollte oft kommuniziert und das Gespräch gesucht werden, mit Empathie und Fokus auf gemeinsame Erfolge, mit Souveränität und Zuversicht.

Unterstützung bieten regelmäßige Mitarbeiterbefragungen, vor allem wenn die Resultate und die möglichen Handlungsoptionen mit dem Team besprochen werden. Meist werden solche Befragungen einmal jährlich durchgeführt. Die neue Normalität, in der öfters und länger im Homeoffice gearbeitet wird, könnte allerdings höhere Frequenzen erfordern.

Das Gefühl von Sicherheit
Transparente Kommunikation fördert zudem das Sicherheitsgefühl. Emotionales Wellbeing bedingt Sicherheit – bezüglich der eigenen Arbeit, der beruflichen Aussichten und des eigenen Entwicklungspotentials sowie der persönlichen finanziellen Lage. Ist dieses Sicherheitsgefühl gestört, kann das Sorgen, Zukunftsängste und Abwanderungsgedanken auslösen.

Zugehörigkeit zu einem gleichgesinnten Verbund
Die gemeinsame, sinnstiftende Arbeit in einem gut funktionierenden Team ist äußerst erfüllend und steigert Motivation und Produktivität. Die aufgrund der Corona-Krise sinkenden Präsenzzeiten beeinflussen jedoch das Teamgefüge und den gemeinsamen Spirit. Der physische Arbeitsplatz sollte deshalb nicht mehr primär der Erledigung der Arbeit, sondern immer mehr dem zwischenmenschlichen Austausch dienen. Teams, die gerne miteinander zusammenarbeiten, sind resilienter und können eine Krise mit abrupt höherem Homeoffice-Anteil mit unveränderter Arbeitsmoral und Innovationskraft meistern. Diese Teams denken positiv und versuchen, aus der Krise das Beste zu machen. Das Glas ist stets halbvoll, das Zugehörigkeitsgefühl sehr groß.

Führungskräfte sollten sich dessen bewusst sein und den Teamspirit aktiv fördern. Dies gilt auch bei der Rekrutierung, wo sich das Motto «hire for attitude, train for skills» anbietet. Die neue Person soll vor allem ins Team passen und schnell integriert werden. Ist der Wille da, lassen sich Inhalt und Prozesse des Jobs erlernen – die fachlichen Komponenten sind zwar wichtig, im Vergleich zur Persönlichkeit aber zweitrangig.

Arbeit mit persönlichen Freiheiten
Emotionales Wellbeing wird durch persönliche Freiheiten gefördert, die helfen, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Insbesondere während der Corona-Krise, aber wohl auch im Rahmen der neuen Normalität, in der auf hybride Ansätze von Homeoffice und Präsenz gesetzt wird, sind persönliche Freiheiten sehr nützlich. In einem vertrauensvollen Umfeld mit Resultatorientierung, einem gut funktionierenden Teamgefüge und hoher intrinsischer Motivation sollten durch das Gewähren persönlicher Freiheiten nur selten Probleme entstehen. Freiheiten fördern vielmehr die Dankbarkeit gegenüber dem Arbeitgeber, was wiederum den Einsatzwillen und die Bindungswirkung beeinflusst. Kaum eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter möchte ein solches Arbeitsumfeld verlassen müssen, weshalb oft überdurchschnittliche Leistungen erbracht werden.

Ich möchte allerdings klar festhalten, dass emotionales Wellbeing nicht mit einer Wohlfühloase zu verwechseln ist. Es geht nicht um bedingungslose Harmonie in einem Arbeitsumfeld ohne Kontrolle und ohne Konflikte. Es braucht immer wieder harte Entscheide und alle müssen sich bewusst sind, dass ungenügende Performance nicht akzeptiert wird.

Die Aufgabe der Führungskraft ist es, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das emotionales Wellbeing fördert. Mit Empowerment, Vertrauen, Wertschätzung und transparenter Kommunikation, aber auch mit Vision, klarer Stoßrichtung und Purpose.

Entscheidungsfreude in positiven und negativen Situationen und der Anspruch, mit gutem Vorbild, Zuversicht und Tatendrang voranzugehen, gehören ebenfalls dazu. Die Investition in emotionales Wellbeing lohnt sich. Sie steigert das Resilienzkonto der Mitarbeitenden und hilft, Krisen überdurchschnittlich gut zu bewältigen. Den Return on Investment spürt der Arbeitgeber nicht zuletzt in Form von höherer Kundenzufriedenheit und steigendem Unternehmenserfolg.

Wieso wir als Lebensversicherer über diese Themen schreiben? Resiliente Mitarbeiter sind oftmals motivierter, gesünder und produktiver und fallen entsprechend weniger oft krankheitsbedingt aus.

Zur Person
Lucas Müller
CEO elipsLife Germany & Austria

Fachartikel von Lucas Müller «Emotionales Wellbeing steigert die Resilienz der Mitarbeitenden»

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