Das gilt ohne Unterschiede für die Dorfbeiz, GastroKetten und das Luxushotel?
Ja, für alle unsere Mitglieder gelten die gleichen Grundsätze. Wenn ein Betrieb eine Sonderregelung will, zum Beispiel für die Bel Etage, dann müssen diese speziellen Regelungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelten. Die Pensionskasse der GastroSuisse steht finanziell übrigens sehr gut da, selbst während der Finanzkrise hatten wir nie Probleme. Heute sind rund 140 000 Personen bei uns versichert, der Deckungsgrad beträgt 110 Prozent und wir verwalten ein Kapital von rund 5 Milliarden CHF. Ich bin stolz auf dieses soziale Werk.
Stichwort Gastro-Ketten: Sie führen in Basel mit dem Stadthof und der Walliser Kanne zwei enommierte Häuser sehr erfolgreich. Gleichzeitig dringen Gastro-Ketten immer mehr in den Markt vor, auch in Basel. Haben langfristig «Einzelwirte» eine Überlebenschance?
Eine Gegenfrage: Haben Fastfood-Ketten eine Zukunft? Ja, logisch. Sie bieten Agrarschrott an und dafür gibt es auch zukünftig einen Markt. Aber, hier reden wir von reiner Zweckverpflegung. Das hat nichts mit Essen und Trinken zu tun, wie ich es definiere. Und deshalb bin ich überzeugt: Qualitätsbewusste Wirte haben eine Zukunft. Sie bieten Mittel zum Leben an – das wird immer gefragt sein. Im Moment haben die Kettenbetriebe enormen Erfolg. Dies vor allem deshalb, weil sie einen Teil der Produktion auslagern. So wird zum Beispiel die Herstellung der Salatsaucen, der Bratensaucen oder von Ravioli an Dritte vergeben. Damit wird aber auch ein Teil der Kompetenz ausgelagert, in der Küche haben sie keine richtigen Köche mehr, sondern nur noch Leute, die etwas fertig stellen. In einer Kette mag die Rendite dank tiefer Personalkosten stimmen. Und die Qualität der Produkte ist nicht einmal zwangsläufig schlecht, aber je mehr es von diesen Betrieben gibt, desto mehr bekommt der Gast immer das Gleiche vorgesetzt. Dadurch entsteht Langeweile. Traditionelle Individualbetriebe haben auch deshalb eine Zukunft, weil sie nicht austauschbar sind. Geranten von Gastro-Ketten kommen und gehen, traditionelle Wirte aber bleiben.
Ein Zeitungsartikel wurde 2012 mit dem Titel «Josef Schüpfer hat die Gastro-Szene extrem gewandelt» überschrieben. Was haben Sie so extrem geändert?
Dieser Titel sprach mich als Präsident des Wirteverbands Basel-Stadt an. Es ging um die Liberalisierung des Marktes. Früher wurde pro bestimmte Anzahl Einwohner ein Restaurationsbetrieb bewilligt. Das war völliger Blödsinn. In Zusammenarbeit mit der Basler Regierung habe ich mich zudem dafür eingesetzt, die Bevorzugung der damaligen Nachtbetriebe abzuschaffen. Liberalisierung bedeutet freier Markt, bedeutet Wohlstand für alle. Die besten Ideen setzen sich durch. Gibt es Konkurrenz, muss ich mich immer wieder fragen, was sich lohnt und was nicht. Lohnt es sich beispielsweise, mit meinen Mitarbeitern gut umzugehen und in ihre Ausbildung zu investieren? Ich glaube fest daran, ich habe Mitarbeiter, die bereits über 35 Jahre bei mir sind.
Vor welchen Herausforderungen steht die Gastro-Branche heute?
Ich sehe vor allem zwei: Erstens müssen wir Lebensfreude vermitteln und zweitens sind wir ein teurer Produktionsstandort. An den Löhnen möchte ich nicht rütteln. Ich will meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Lohn zahlen, der ihnen ein Auskommen sichert, ohne dass sie auf Sozialhilfe angewiesen sind. Gleichzeitig erwarte ich aber von meinen Angestellten auch Leistung und Freude am Beruf. Nicht beeinflussen kann ich hingegen das Umfeld, beispielsweise die überhöhten Agrarpreise in der Schweiz. Die Bauern sollten nicht den Markt abschotten, sondern den Anspruch haben, Qualität anzubieten – statt bloss auf die Subventionen zu schauen. Wenn wir den Agrarmarkt öffnen, wird das zu einer Qualitätssteigerung führen, da nur noch die besten Produkte im Markt eine Chance haben. Das sieht man beim Wein und auch der liberalisierte Käsehandel ist ein gutes Beispiel: Es wurde noch nie so viel Schweizer Käse exportiert wie seit der Liberalisierung.
Und was braucht das Gastgewerbe mit Blick in die Zukunft?
Einen liberalisierten Markt, eine Marktöffnung für Agrarprodukte. Zudem müssen die «Schweiz-Zuschläge» weg. Nehmen wir das Beispiel Coca-Cola: Als Coca-Cola HBC mit damaligem Sitz in Griechenland den Vertrieb in der Schweiz übernahm, wurden die Konditionen verändert und die Preise nach oben getrieben. Bis uns der Kragen platzte und wir mit Parallelimporten anfingen. Heute bezieht der Wirteverband Coca-Cola aus Deutschland und stellt dieses interessierten Wirten zu einem wesentlich tieferen Preis in den Keller. Doch der Einkauf im Ausland ist mühsam und er wird behindert. Deshalb bin ich der Meinung, dass das Kartellgesetz verschärft werden muss.