Im Vergleich etwa zum FC Basel verkauft der FC Zürich aber auch viel weniger Saisonkarten. Woran liegt das?
Das Publikum in Zürich ist sehr anspruchsvoll. Und nebst dem FCZ haben wir mit GC auch einen zweiten Fussballclub in der obersten Liga. Aber es stimmt, wenn ich nach Basel oder nach Bern schaue, kommt Wehmut auf. In der Champions League gegen Real Madrid hatten wir über 200 000 Ticketanfragen oder gegen den FC Bayern München über 100 000. Aber wenn es gegen den FC Thun geht, und das ist nicht gegen den FC Thun gerichtet, wollen nur ein paar Tausend Leute das Spiel sehen. Dagegen hat der FC Basel auch bei einem Heimspiel gegen den FC Thun 28 000 Leute im Stadion. Wir verkaufen zwischen 6000 und 7000 Saisonkarten, in Basel sind es 25 000. Das ist der grosse Unterschied.
Vor dem Hintergrund Ihrer beruflichen Vergangenheit als GL-Mitglied von Ernst & Young: Welches sind aus Ihrer Sicht die Ingredienzen unternehmerischen Erfolgs?
An oberster Stelle stehen die Qualität des Personals und die Qualität des Managements, vor allem des Managements der zweiten und dritten Führungsebene. Während meiner Zeit bei Ernst & Young, aber auch durch die Mitarbeit an unzähligen Projekten, habe ich feststellen können: Es läuft immer über die Menschen. Gerade im KMU-Bereich ist die Qualität der Führungsleute entscheidend. Dort habe ich sehr viele und überdurchschnittlich gute Führungsleute kennengelernt. Die Identifikation mit dem Unternehmen, mit den Mitarbeitenden und den Produkten ist im KMU-Bereich beeindruckend. Wenn sich Manager nur noch als angestellte Manager fühlen und nicht mit einem grossen Unternehmerherzen bei der Sache sind, ist das suboptimal.
Unternehmen verwenden viel Zeit mit der Erfassung der Kundenbedürfnisse. Gilt das auch für einen Fussballclub?
Ja, das gilt vor allem für einen Fussballclub. Mit allem, was wir machen oder eben nicht machen, stehen wir tagtäglich im öffentlichen Schaufenster. Zudem spielen wir jedes Wochenende und müssen so den Beweis unserer Leistungsfähigkeit erbringen. Börsenkotierte Unternehmen legen quartalsweise ihre Zahlen und Ergebnisse vor, dazwischen haben sie mehr oder weniger Ruhe. Ein Profifussballclub dagegen hat nie Ruhe, er steht permanent im Fokus. Klar suchen und brauchen wir die Öffentlichkeit für unsere Arbeit und unseren Erfolg, aber diese Situation vereinfacht das Daily Business nicht. Es gibt ja auch Projekte, die in Ruhe gedeihen müssten und nicht dem Scheinwerferlicht ausgesetzt sein sollten. Die Kundenbedürfnisse ziehen sich wie ein roter Faden durch alles, was wir machen. Sei dies der Kampf um Stehplätze im Letzigrund, Transfers, die beim Publikum schlecht ankommen könnten, oder die Festlegung der Ticketpreise.
Welche Verbindungen oder Gemeinsamkeiten zwischen «Fussballclub», «Wirtschaftsprüfungsunternehmen» und «Versicherung» kommen Ihnen in den Sinn?
Ein Fussballclub lässt sich nur schwer mit einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen oder einer Versicherung vergleichen. Die Unterschiede in Sachen Planbarkeit, Öffentlichkeitsrelevanz, Rahmenbedingungen und Positionierung sind einfach zu gross. Wirtschaftsprüfung und Versicherung haben hingegen eine Schnittmenge: Beide erbringen eine Dienstleistung. Der grosse Unterschied liegt dabei in der Tatsache, dass ein Wirtschaftsprüfer primär nur seine Arbeitsstunden verrechnen kann, während der Versicherer zusätzlich zu den Dienstleistungen auch an den Kapitalmärkten Geld verdienen kann.
Wenn ein Fussballclub einen Spitzenspieler engagiert, stehen Assekuranzfragen normalerweise nicht im Vordergrund. Zumindest in den Medien nicht. Welche Versicherungsaspekte sind hinter den Kulissen dennoch wichtig?
Versicherungsfragen sind sehr wichtig, nicht bloss bei Transfers, sondern ganz allgemein. Der FCZ bezahlt Versicherungsprämien im siebenstelligen Bereich, wobei die Unfallversicherung im Vordergrund steht. Das Verletzungsrisiko eines Spielers ist relativ hoch, und eine Operation sowie die anschliessende Reha-Phase können sehr teuer sein. Dafür hat der FCZ Versicherungen abgeschlossen. Dazu kommen die Zusatzversicherungen, die von den einzelnen Spielern abgeschlossen werden. Wir motivieren die Spieler immer, sich mit allen Fragen und Aspekten der Versicherung auseinanderzusetzen. Hierzu arbeiten wir auch mit professionellen Versicherungsexperten zusammen. Selbst in Fragen der Altersvorsorge sind wir aktiv und versuchen die Spieler zu motivieren, sich dazu früh Gedanken zu machen. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass viele unserer Spieler sehr jung sind — und für einen 20-Jährigen spielt die Altersvorsorge nicht wirklich eine wichtige Rolle. Das ist ja auch in anderen Berufsgattungen so.
Das Verletzungsrisiko steht also im Vordergrund. Gibt es andere Versicherungsaspekte, die eine Rolle spielen?
Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen ist der Ausfall durch Verletzungen auch im Hinblick auf mögliche Transfers ein Risiko. Wie ich bereits erwähnt habe, sind Transfers eine wichtige Einnahmequelle. Läuft es gut und ein Spieler hat Erfolg, wirkt sich das auf die erzielbare Transfersumme aus. Fällt ein Spieler hingegen lange verletzt aus, sind zwar die Lohnzahlungen versichert, aber der Transferwert kann im schlimmsten Fall bis auf null sinken. Selbstverständlich könnten auch die Transferwerte versichert werden. Lloyds in London zum Beispiel bietet dies an. Aber die Prämien sind horrend hoch.
Wie funktioniert die berufliche Altersvorsorge bei einem Profifussballer?
Wie bei allen anderen Angestellten auch: Vom Lohn wird ein Abzug gemacht.
Bei ausländischen Spielern auch?
Ja, auch wenn die meisten nur ein paar Jahre in der Schweiz sind und nicht sonderlich an den hier geltenden Regeln der Altersvorsorge interessiert sind.
In welcher PK sind die «anderen» Mitarbeitenden des FC Zürich versichert?
Alle Angestellten des Clubs, inklusive der aktiven Fussballspieler, sind bei der gleichen Pensionskasse versichert.