elipsLife echo-Interview mit Gabriela Manser
echo-Interview, Mai 2014

Pensionskassen sollen sich um die Versicherten kümmern

ELIPSLIFE ECHO - EINE GESPRÄCHSSERIE MIT PERSÖNLICHKEITEN AUS DER WIRTSCHAFT

Pensionskassen sollen sich um die Versicherten kümmern

echo-Interview mit Gabriela Manser, Geschäftsführerin Goba AG, Mineralquelle und Manufaktur

elipsLife echo: Frau Manser, warum sollte ich als Konsument Flauder kaufen und nicht eines der unzähligen anderen Erfrischungsgetränke?

Gabriela Manser: Mit einem Flauder kaufen Sie mehr als einfach einen Durstlöscher. Da ist auch ein Stück Appenzell drin. Oder poetischer ausgedrückt: ein Stück Paradies. Dabei geht es um eine Sehnsucht nach etwas, von dem wir alle hoffen, dass es das gibt. Wir haben das Glück, dass unsere Quelle an einem so kraftvollen, schönen Ort fliesst und wir die Produkte hier im Appenzeller Land herstellen. Es macht Sinn, dass wir mit dieser Botschaft arbeiten. Sie macht uns einmalig. Ausserdem schmeckt Flauder wirklich fein. Das sind doch gute Gründe, um Flauder zu trinken und nicht irgendein anderes Produkt, oder?

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Was macht denn Flauder so erfolgreich?

Wir sind zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Rezeptur auf dem Markt gekommen. Flauder war eine der ersten leichten, kalorienreduzierten Limonaden. Zudem trägt der Name zum Erfolg bei. Selbstverständlich hat er auch etwas mit dem Appenzell zu tun, ist doch ein Flickflauder im Appenzeller Dialekt ein Schmetterling. Dieses Sujet nutzen wir auf vielen Ebenen, zum Beispiel auch bei der Gestaltung unserer Etiketten. Ein guter Name und ein gutes Produkt mit einem stimmigen Hintergrund, das ist eine gute Geschichte. Mit Flauder ist uns wirklich ein «lucky punch» geglückt.

Sind Ihre Produkte tatsächlich besser oder haben Sie einfach den besseren Marketing-Approach, um die Konsumenten zu erreichen?

Ich meine, dass bei uns die Geschichte rundherum stimmt: Die 84-jährige Tradition, die unser Haus hat, die Qualität unserer Produkte sowie die ganze Philosophie, die unsere Produkte trägt. Dazu kommt die Fähigkeit, immer wieder spannende Produkte zu entwickeln. Es ist eine grosse Portion Arbeit, sich bei den Kunden immer wieder in Erinnerung zu rufen.

Sie haben Goba in kurzer Zeit zu einem landesweit bekannten und erfolgreichen KMU gemacht. Welches waren die wichtigsten Faktoren für diesen Erfolg?

Vielleicht das Bekenntnis zu dem, was gegeben ist: Wir sind ein KMU, und wir wollen ein KMU sein. Wir nutzen die hiesige Quelle, ein Schatz dieser Region. Eine Ressource, die begrenzt ist und die wir deshalb auf nachhaltige Art und Weise nutzen wollen. Eine unserer Visionen lautet: Gesund klein bleiben. Mit „gesund“ meinen wir rentabel. Wenn wir nicht rentieren, haben wir keine Existenzberechtigung. Und „klein“ bleiben heisst, dass wir zwar wachsen wollen, aber nicht um des Wachstums Willen. Uns interessiert vielmehr die Wertigkeit dahinter. Eigentlich wissen wir ja, dass der klassische Wachstumsbegriff heutzutage ausgedient hat. Trotzdem verhalten sich alle so, als würde alles gleich weiter gehen wie bisher. Als KMU bekennen wir uns zu dem, was ist. Dieses Bekenntnis ist einer der Faktoren unseres Erfolges.

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…. und welche Hürden mussten Sie überwinden?

Die Herausforderungen heute sind nicht mehr die gleichen wie damals, als ich das Geschäft von meinem Vater übernommen habe. Am Anfang steckten wir in einer Pionierphase, damals waren handfeste Fragen zu lösen. Ich denke beispielsweise an die Produktionsabläufe oder die Prozesse. Jetzt, in der Professionalisierungsphase, ist es eine grosse Herausforderung, nicht zu «verwalterisch» zu werden und doch die nötigen Strukturen aufzubauen, damit wir uns in einem guten Sinne weiter entwickeln können. Auch wenn ein Produkt, an das wir glaubten, im Markt zum Misserfolg wird, ist das für mich eine Hürde. Den Markt auf diese Weise kennen zu lernen, ist zwar schmerzhaft, aber wir lernen dabei sehr viel. Der Markt verhält sich nicht immer so, wie wir uns das wünschen. Das ist ein Reibungsprozess. Unsere Firma ist aber gerade wegen dieser Reibungsprozesse zu dem geworden, was sie heute ist.

Wie erkennen Sie die Wünsche und Bedürfnisse Ihrer Kunden?

Sicher nicht, indem wir in unserem Büro bleiben. Wir müssen raus, unsere Kunden fragen. Oder wir nutzen ganz einfach jene Berührungspunkte, die unsere Firma ständig mit unseren Kunden hat: die Chauffeure sowie die Aussendienst- und Innendienstmitarbeitenden.

Bei einem solch rasanten Wachstum mussten Sie auch Ihre Organisation anpassen. Wie sind Sie das angegangen?

Es braucht ein Wachstum innen und aussen, sinnvollerweise zuerst ein Aussenwachstum, damit man das innere Wachstum auch finanzieren kann. Als ich die Firma übernommen habe, wurde mir rasch klar, dass wir zunächst sicherstellen müssen, dass wir unsere Produkte auch verkaufen können. Ich bezeichne uns deshalb gerne als produzierenden Dienstleistungsbetrieb. Wir produzieren nicht einfach eine Ware, sondern erbringen eine Dienstleistung, indem wir produzieren, was der Markt wünscht. Ich habe das Glück, 17 Jahre als Kindergärtnerin gearbeitet zu haben. Da habe ich gelernt, den Leuten zuzuhören, sie emotional abzuholen, Beziehungen aufzubauen – und Lösungen anzubieten. Verkaufen ist ein Beziehungsgeschäft. Man kann es drehen und wenden, wie man will, letztendlich geht es immer um Menschen. Um vorwärts zu kommen, braucht es Produkte, welche die Konsumentinnen und Konsumenten gerne kaufen. Und es braucht Partner, die Freude an diesen Produkten haben. Gleichzeitig ist der Blick nach innen wichtig: Wir mussten sicherstellen, dass die Entwicklungsschritte verkraftet werden konnten. Das sind Fragen der Führung, des richtigen Delegierens, der Firmenkultur, der Organisation und der Strategie.

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In der Schweiz gibt es Hunderte von Mineralquellen. Warum können sich internationale Trend-Mineralwasser wie San Pellegrino oder Perrier in der Schweiz so gut behaupten, obschon das aus ökologischer Sicht ein Unsinn ist?

Das sind meist grosse Firmen, die eine gute Markenführung mit viel Kapital sicherstellen. Gerade den Italienern gelingt es sehr gut, ihr Mineralwasser als Stück ihrer Heimat zu verkaufen. Zum Glück gibt es immer mehr Konsumenten und Gastwirte, welche sich zur Region bekennen, in welcher sie leben. Es ist ein hartes Stück Arbeit, als kleine Schweizer Quelle ein interessantes Image zu bekommen, das bei Kunden wie Gastwirten hohe Akzeptanz hat.

Wann hat Ihnen ein internationaler Grosskonzern das letzte Mal ein Übernahmeangebot gemacht?

Wir sind zu klein. Die grossen Konzerne sind an grossen Wasserquellen interessiert. Wir nutzen ein leichtes Mineralwasser, welches schon 1576 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Gehen wir nachhaltig damit um, können wir und nächste Generationen hoffentlich noch lange Freude daran haben.

Aus Ihrer persönlichen Erfahrung: welches sind die Ingredienzen unternehmerischen Erfolgs?

Man muss Menschen gerne haben. Ein Unternehmen besteht immer aus Menschen und seine Produkte werden für Menschen hergestellt. Das ist die Grundlage. Dann geht es natürlich um spannende Produkte, in unserem Fall Getränke. Es braucht eine gewisse Hartnäckigkeit und auch Mut, um die bereits erwähnten Widerstände und Hürden zu überwinden und neue Wege zu gehen. Eine weitere Ingredienz ist die Intuition, den Markt und seine Bedürfnisse zu spüren. Wichtig ist auch die Einsicht, dass Führung ein wichtiger Job ist. Zudem sollte eine Unternehmerin oder ein Unternehmer genau wissen, was sie oder er kann und was nicht.

Wie haben Sie in Ihrem Unternehmen die berufliche Vorsorge geregelt?

Wir sind seit rund acht Jahren der ASGA Pensionskasse angeschlossen. Die entsprechenden Verträge sind speziell auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten.

Spielt die Pensionskasse bei strategischen Unternehmensentscheiden der Goba eine Rolle?
Nein, das tut sie nicht. Steht allerdings ein strategischer Entscheid an, der die Pensionskasse beeinflusst, ziehe ich die richtigen Experten bei.

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Sind die Leistungen Ihrer Pensionskasse beim Anwerben von Mitarbeitenden heute ein Kriterium?

Leider nein. Ich staune immer wieder, wie wenig sich die Leute für die Altersvorsorge interessieren. Wir hatten unlängst eine Informationsveranstaltung für unsere Mitarbeitenden und nur rund ein Drittel der Belegschaft nahm daran teil. Auf der anderen Seite: Die Materie ist ja hoch komplex und ich verstehe die Leute, die nicht wissen, wie sie das Thema angehen sollen. Auch nach vielen Informationsveranstaltungen bin ich noch weit davon entfernt, alle Details zu verstehen. Bei Anstellungsgesprächen weise ich immer wieder auf unsere guten Pensionskassenleistungen hin, die Altersvorsorge hat aber kaum Gewicht auf die Frage, ob sich jemand für oder gegen eine Anstellung bei uns entscheidet.

Wie beurteilen Sie persönlich das Niveau der beruflichen Vorsorge in der Schweiz?

Ich kenne keine Details zu den Regelungen im Ausland, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass das Niveau in der Schweiz sehr hoch ist.

Welches sind aus Ihrer persönlichen Sicht die brennenden Fragen im Bereich der beruflichen Vorsorge?

Sicher die Sorge, dass ich als Beitragszahlerin zum Zeitpunkt der Pensionierung das bekomme, was mir aufgrund meiner Einzahlungen auch zusteht. Während die letzten Generationen gute Leistungen erhielten und immer noch erhalten, müssen wir uns heute mit der Frage beschäftigen, wie wir es mit privaten Einzahlungen schaffen, eine ansprechende Altersrente zu erzielen. Ich verstehe junge Arbeitnehmende, die sich fragen, woher ihre Rente kommen wird. Damit ist auch die Frage der Sicherheit auf dem Tisch: Wie sicher ist das Geld der Pensionskassen angelegt?

Welche Entwicklung erwarten Sie für die kommenden 3 bis 5 Jahre im BVG-Bereich?

Ich denke, dass der Umwandlungssatz viel zu reden geben wird – und Gesetzesänderungen, die das Gleichgewicht zwischen jung und alt neu herstellen wollen. Ich bin verhalten optimistisch. Zwar bin ich mir der Schwierigkeiten bewusst und es wird den einen oder anderen Rutsch geben, aber der Schweizer Wirtschaft geht es grundsätzlich gut. Die von den KMU geprägte Wirtschaft wird keine dramatischen Veränderungen durchleben und entsprechend wird sich in 3 bis 5 Jahren auch im BVG Bereich noch nicht allzu viel ändern.

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Wenn Sie den Pensionskassen in der Schweiz einen Rat geben könnten, wie würde dieser lauten?

Die Pensionskassen arbeiten wie fleissige Bienen in ihren Büros. Ich erwarte aber eine Beratung, nicht einfach nur ein Ausführen. Ein aktives auf die Kunden Zugehen und ein Teilen des Wissens. Es darf doch nicht passieren, dass kleine Versäumnisse zu Problemen führen. Wenn jemand beispielsweise im Konkubinat lebt und vergisst, den Namen seines Partners zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu melden, darf sie oder er im Nachhinein nicht abgestraft werden. Hier geht es auch um Vertrauen. Die Pensionskassenvertreter sind die Experten. Ich erwarte von ihnen, dass sie sich mit den Versicherten und ihren Bedürfnissen auseinandersetzen und die richtigen Fragen stellen. Das ist der Punkt: Als Laien sind wir gar nicht in der Lage, die richtigen Fragen zu stellen, weil die Materie so komplex ist. Mit anderen Worten: Ich wünsche mir Pensionskassen, die sich um die Versicherten kümmern, bevor diese in einer Notlage sind. Kassen, die unbürokratisch und flexibel zum Beispiel auch Teilzeitangestellte gut versichern. Das wäre für mich ein kundenfreundlicher Service.

Zur Person
Gabriela Manser
Geschäftsführerin Goba AG Mineralquelle und Manufaktur

Gabriela Manser, Jahrgang 1962, Schweizerin und Appenzellerin. Nach der KV-Lehre in der Mineralquelle Gontenbad liess sich Gabriela Manser von 1982 bis 1985 zur Kindergärtnerin ausbilden. Der Arbeit als Pädagogin blieb sie bis 1998 treu. Es folgte ein Management Seminar an der Universität St. Gallen, ehe sie im Januar 1999 zum CEO der Mineralquelle Gontenbad AG ernannt wurde. Seither amtet sie auch als Präsidentin des Verwaltungsrates und als Vorsitzende der Geschäftsleitung. 2009 bis 2011 war Gabriela Manser Präsidentin des Verbandes Schweizerischer Mineralquellen und Soft-Drink-Produzenten, daneben übt sie verschiedene Verwaltungsrats- und Beiratsmandate aus. 2005 erhielt Gabriela Manser den Prix Veuve Clicquots als Unternehmerin des Jahres.