echo-Interview mit Andrea Scherz, General Manager und Mehrheitsaktionär des Luxushotels Gstaad Palace
elipsLife echo: Herr Scherz, was zieht die Superreichen aus aller Welt ins Gstaad Palace?
Andrea Scherz: Zunächst möchte ich festhalten, dass Gstaad ein sehr schöner Ort ist. Für mich einer der idyllischsten Bergkurorte überhaupt. Er liegt nicht allzu hoch, so dass man im Sommer am Abend draussen essen kann. Zudem kühlt es in der Nacht auf ungefähr 15 Grad ab, man kann also gut bei offenem Fenster schlafen. Im Gegensatz zu St. Moritz können wir in Gstaad unseren Gästen deshalb auch das Sommerfeeling vermitteln. Hinzu kommt die intakte Landschaft. Und wir haben eine funktionierende Landwirtschaft. Aus all diesen Gründen fahren die Leute gerne nach Gstaad. Und dann selbstverständlich unser Hotel. Das Gstaad Palace versteht die Bedürfnisse und Wünsche seiner speziellen Klientel. Gleichzeitig bieten wir aber auch einen Erlebnisfaktor an. Der Grund ist einfach: Im Gegensatz zu vielen anderen Mitbewerbern sind wir authentisch geblieben und deshalb nicht austauschbar.
Luxushotels schiessen seit ein paar Jahren wie Pilze aus dem Boden. Was befeuert diesen Boom?
Ein Mitglied unseres Verwaltungsrates erklärte dies einst sehr gut: Früher symbolisierte der Besitz einer Yacht den Reichtum. In den 80er und 90er Jahren kam der Privatjet dazu. Heute hat man zudem noch ein Hotel. Auf der einen Seite investieren reiche Leute gerne in Immobilien, und Hotels sind vielfach schöne Immobilien, andererseits ist es oft eine Prestigefrage. Von vielen wohlhabenden Leuten bekomme ich immer wieder zu hören, dass sie ein gutes Restaurant oder ein nobles Hotel besitzen möchten. Da muss ich oft schmunzeln, denn offenbar herrscht die Meinung vor, ein Hotel zu betreiben sei einfach. Und ein letzter Punkt: Hotels sind ein beliebtes Mittel zur Steueroptimierung. Über ein Hotel, das zwar Verlust macht, aber an Wert zulegt, lässt sich die Steuerlast gut senken.
Hinter der Konkurrenz stehen oft milliardenschwere Investoren, Sie aber führen einen Familienbetrieb. Welche Chancen haben Sie in diesem Kampf mit ungleich langen Spiessen?
Ja, es ist ein ungleiches Rennen. Es ist so, als ob ich an einem Marathon barfuss antreten muss, während die anderen Läufer Top-Turnschuhe tragen. Auf der anderen Seite können wir auf einem Image aufbauen, an dem hundert Jahre gearbeitet und gefeilt worden ist. Wir bieten eine Gastfreundschaft und ein Ambiente, die nicht so schnell kopierbar sind. Oft ist es in einem Hotel oder in den Ferien allgemein ein subjektives Empfinden, warum man sich genau an einem Ort wohl fühlt. Im Gstaad Palace fühlen sich die Leute vielleicht deshalb besonders wohl, weil sie spüren, dass unser Hotel wie eine alte Eiche über Jahrzehnte organisch gewachsen ist und wir das Gefühl vermitteln, jedem Sturm gewachsen zu sein. Gerade in einer sich immer schneller drehenden Welt suchen Leute Orte, die eine gewisse Ruhe, Sicherheit und Kontinuität ausstrahlen.