echo-Interview mit Hansueli Loosli, VRP Coop
elipsLife echo: Herr Loosli, bereiten Ihnen Aldi und Lidl schlaflose Nächte?
Hansueli Loosli: Nein, da wäre ich ja ein schlechter Händler! Aldi und Lidl sind Konkurrenten wie andere auch. Was mir hingegen Sorgen macht, ist der Einkaufstourismus ins grenznahe Ausland.
Können Sie dieses Phänomen in Zahlen fassen?
2015 kaufen Herr und Frau Schweizer allein im Retail, also ohne online-Geschäfte und Ferienausgaben, Waren im Wert von über CHF 12 Mrd. im grenznahen Ausland ein. Dies entspricht etwa 13% des schweizweiten Detailhandel-Umsatzes von rund CHF 90 Mrd. Doch es bringt nichts, über die Konkurrenz oder den Einkaufstourismus zu klagen. Durch Jammern ist noch keiner besser geworden. Klar ist, der Einkaufstourismus wird den Detailhandel in der Schweiz nachhaltig verändern, weil er nicht ein Einmaleffekt ist, sondern zur Gewohnheit wird. Schweizer fahren relativ weit, um jenseits des Rheins einzukaufen. Ich habe mich vor Ort umgeschaut und Autos nicht nur aus Zürich und dem Aargau, sondern auch aus der Innerschweiz oder Bern gesehen.
Warum gibt es überhaupt derart grosse Preiseunterschiede?
Es gibt begründete und unbegründete Preisdifferenzen. Teilweise begründet sind sie bei in der Schweiz hergestellten Produkten, insbesondere landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Das lässt sich nicht einfach so ändern, weil wir im Vergleich zum Ausland eine kleinräumige Landwirtschaft haben. Dadurch ist der Preisunterschied Schweiz-Deutschland beim Rohmaterialpreis teilweise sehr hoch. Das heisst, dass zum Beispiel ein ausländischer Bauer etwa 15 bis 20 Cent pro Liter Milch erhält, ein Schweizer Bauer dagegen einen zwei- bis dreimal höheren Preis. Eine wichtige Rolle spielen auch die in der Schweiz deutlich höheren Löhne, Mieten, Werbekosten, Transportkosten etc., die nur zum Teil mit höherer Produktivität auf allen Stufen wettgemacht werden können.
Auf der anderen Seite stehen die unbegründeten Preisdifferenzen, verursacht vor allem durch die internationalen Lieferanten. Bei diesen haben wir als Schweizer Firma für Waren höhere Einkaufspreise zu zahlen. Diese liegen teilweise sogar höher als die deutschen Detailhändler Verkaufspreise haben. Da kann doch etwas nicht stimmen. Dieser Unterschied lässt sich nicht via höhere Produktivität wettmachen, hier sind wir gefordert. Aber wir werden das packen.
Wie denn?
Indem wir mit den betroffenen Lieferanten Gespräche führen und diesen Missstand klar aufzeigen. Und wenn notwendig uns auch gezwungen sehen, Schritte einzuleiten, wie wir es mit den internationalen Zeitschriften gemacht haben. Wir glauben aber, dass wir in den Gesprächen auch Gehör finden werden, denn nicht nur wir verlieren Mengen, sondern auch die Lieferanten.