A picture of Beat Hauenstein giving the interview.
echo-Interview, Dezember 2018

Länger leben hat einen Preis

ELIPSLIFE ECHO - EINE GESPRÄCHSSERIE MIT PERSÖNLICHKEITEN AUS DER WIRTSCHAFT

echo-Interview mit Beat Hauenstein

echo-Interview mit Beat Hauenstein, CEO Oettinger Davidoff AG

elipsLife echo: Herr Hauenstein, Davidoff gilt als Superlativ der Zigarrengeniesser. Ist dieser Ruf das Resultat erstklassigen Marketings oder eines exquisiten Produkts?
Beat Hauenstein: Wie bei vielen Aspekten im Leben ist es weder das eine noch das andere, sondern eine Kombination von beidem. Marketing ist wichtig, um die Erfolgsstory des Brands weiterzuentwickeln. Am Schluss muss jedoch nicht nur die Story überzeugen, sondern vor allem die Qualität des Produkts.

Was macht eine wirklich gute Zigarre aus?
Von der Ernte bis zum Verkaufsgeschäft („Crop-to-Shop“) müssen immer alle Komponenten die besten sein. Als Innovationsführer setzen wir alles daran, Tabaksorten verschiedener Provenienzen – wie Dominikanische Republik, Nicaragua, Honduras, Brasilien, etc. – einzusetzen. So können wir unsere Kunden immer wieder mit einer Vielfalt von Zigarren mit unterschiedlichen Geschmacksnuancen überraschen.

Die Oettinger Davidoff AG ist weltweit tätig. Welches sind für Sie die wichtigsten Absatzmärkte?
Aktuell die USA, der weltweit grösste Markt für Zigarren, und die Schweiz, wo wir eine sehr hohe Marktdurchdringung erreicht haben. In beiden Märkten gewinnen wir noch Anteile hinzu. Auch Spanien, Deutschland und Grossbritannien weisen grosses Wachstumspotenzial auf, genauso wie Teile Asiens. Dort ist vor allem China – wenn auch sehr stark reguliert – vielversprechend.

Ihre Firma hat sich der Crop-to-Shop-Philosophie verschrieben. Mit welchen Vorteilen?
Dank „Crop-to-Shop“ steuern wir die Qualität vom Samen über die Ernte bis zum Verkauf im Laden. Davidoff Zigarren stehen seit Jahrzehnten für höchste Qualität und Konsistenz im Geschmacksprofil, egal ob es ein trockenes, ein zu nasses oder zu heisses Jahr war. Die „Crop-to-Shop“-Philosophie ermöglicht es uns, jederzeit alle Komponenten im Griff zu haben, um den Zigarrenaficionados ein erstklassiges Genusserlebnis zu ermöglichen.


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Rauchen wird immer mehr stigmatisiert. Die Branche hat unzählige Gerichtsfälle verloren und muss immer mehr Auflagen befolgen. Trifft das nur die Zigarettenhersteller oder sind auch Zigarrenhersteller von dieser Entwicklung betroffen?
Es ist in der Tat so, dass beide, Zigarettenhersteller und Zigarrenhersteller, betroffen sind, und zwar in gleichem Mass. Die Zigarettenindustrie kann die durch diese Auflagen anfallenden Kosten, die mittlerweile unsinnige Dimensionen angenommen haben, auf Milliarden Einzelstücke abwälzen. Wir, die Genussraucher beglücken, haben es mit den vergleichsweise sehr bescheidenen Stückzahlen handgerollter Premium-Zigarren sehr viel schwerer, diese Kosten unternehmerisch zu absorbieren. Die Auflagen gehen auf ein Rahmenübereinkommen der WHO aus dem Jahr 2005 zurück. Sie erhöhen die Komplexität der Geschäftsprozesse, was höhere Kosten ohne jeglichen unternehmerischen Mehrwert und Kundennutzen verursacht. Die Massnahmen beeinflussen die Marge negativ und reduzieren so langfristig die Attraktivität des Geschäfts.

Wie behaupten Sie sich gegen diese Entwicklung?
Wir müssen akzeptieren, dass der Trend gegen das Rauchen ein Fact of Life ist, doch das Bedürfnis nach dem Genussrauchen wird bleiben. Dem negativen Trend müssen wir positiv begegnen. Als Oettinger Davidoff werden wir unsere Kunden zukünftig nicht mehr nur mit wunderbaren Zigarren-Kreationen beglücken. Zur Sicherung der Zukunft werden wir die Effizienz unserer Prozesse weiter steigern. "Efficient Compliant Market Access“ heisst der Ansatz, der es uns erlaubt, in möglichst verschiedenen Märkten tätig zu sein. Für uns ist dies auch eine Chance. Denn wir haben frühzeitig mit den Vorbereitungen begonnen, effiziente Prozesse, eine weitgehende  Dokumentierung und eine durchgängige Informationsversorgung einzuführen. Wie es die Auflagen nun verlangen.

Was sind aus Ihrer Sicht die Ingredienzen für unternehmerischen Erfolg?
Entscheidend sind zweifellos die Mitarbeitenden und ihre Motivation, für das Unternehmen das Beste zu geben. Für mich persönlich ist auch der Mind-Set, die Einstellung der Mitarbeitenden, wichtig. Mir nützt es nichts, wenn jemand hervorragende fachliche Fähigkeiten hat, seine Einstellung ihn aber hindert, diese im Sinne des Unternehmens einzusetzen. Auch die Walk-the-Talk-Kultur ist zentral: Was man erzählt und verspricht, muss man nachher auch umsetzen. Das schafft Glaubwürdigkeit, positive Resultate und eine gute Kultur. Weiter braucht es Innovation, nicht nur bei den Produkten, sondern auch in den Prozessen.

Oettinger Davidoff beschäftigt weltweit über 3‘600 Mitarbeitende. Spielt das Thema Vorsorge bei Neuanstellungen eine Rolle?
Ja, Vorsorge ist bei unseren Mitarbeitenden ein grosses Thema. Wir kommen dem entgegen, indem wir regelmässig Pensionskassen-Informationsveranstaltungen durchführen. Das grosse Interesse spiegelt das Bedürfnis des Menschen, ab einem gewissen Lebensalter über den „Tacho-Stand-nach-65“ Bescheid wissen zu wollen.

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Die Altersvorsorge steht zuoberst auf dem Sorgenbarometer, doch seit 20 Jahren kommt keine Reform mehr zu Stande. Nun soll die Sanierung der 1. Säule mit der Unternehmenssteuerreform kombiniert werden. Eine gute Idee?
Das ist keine gute Idee. So werden zwei völlig unterschiedliche Geschäfte miteinander vermischt. Die Frage ist erlaubt, ob der Grundsatz der Einheit der Materie noch gewährleistet ist. Quersubventionierungen eignen sich auch deshalb nicht, weil Kosten dort gedeckt werden sollten, wo sie anfallen. Nur so lassen sich Fehlentwicklungen vermeiden. Wir leben länger und verfügen über einen grösseren Wohlstand. Das hat seinen Preis. Das zu kommunizieren ist politisch unangenehm, schliesslich wollen Politiker wieder gewählt werden. Vielleicht mache ich es mir zu einfach, aber man muss doch einfach akzeptieren, dass ein längeres Leben einen höheren Preis hat.

Die Pensionskassen stehen wegen der demografischen Entwicklung und der tiefen Zinsen unter Druck, immer mehr kürzen Leistungen. Höhlt diese Entwicklung die Leistungsversprechen und damit die Bedeutung der 2. Säule aus?
Das ist sicher so. Und es knüpft an meine vorangehende Antwort an: Es gilt das Preisschild anzupassen. Um die Bedeutung der 1. und der 2. Säule sicherzustellen, müssen die Beiträge erhöht werden. Schliesslich kann sich nicht jeder die private Vorsorge in Form der 3. Säule leisten. Bei vielen Einkommen bleibt nach Abzug der Ausgaben für Krankenkasse, Mietwohnung, Kita etc. nichts mehr für die 3. Säule übrig. Deshalb muss aus meiner Sicht die 2. Säule ihre nach wie vor grosse Bedeutung behalten.

Sollte die 3. Säule vom Staat mehr gefördert werden, um die 1. und 2. Säule zu entlasten?
Ich frage mich, ob das fair ist, weil sich wie gesagt viele Menschen die 3. Säule gar nicht leisten können. Es geht ja darum, den dritten Lebensabschnitt gestalten zu können. Da müsste man fair sein und nicht nur die demografischen Fakten, sondern auch die ökonomischen Fähigkeiten stärker berücksichtigen. Eine einseitige Begünstigung jener, die sich eine 3. Säule leisten können, ist zu vermeiden.

Sollen aus Ihrer Sicht die Rentenbezüger an der Sanierung des Vorsorgesystems beteiligt werden – oder sind einmal erworbene Rentenansprüche tabu?
Eine politisch heikle Frage, aber ich bin klar der Meinung, dass Rentenbezüger miteinbezogen werden sollen. Wir beziehen alle von der gleichen Sonne Wärme, beziehen also von der gleichen Pensionskasse Leistungen. Auch in Sachen Lebenserwartung und Wohlstand sitzen wir im gleichen Boot, machen die gleichen Entwicklungen mit. Wenn eine Sanierung sozial sein soll, dann müssen auch alle Teilnehmer daran beteiligt werden.

Wenn Sie heute den Pensionskassen in der Schweiz einen Rat geben könnten: Wie würde dieser lauten?
Sie sollen möglichst autonom oder teilautonom bleiben, um selber bestimmen zu können. Weil auch in diesem Bereich immer mehr regulatorische Vorschriften die Anforderungen bezüglich Wissen und Kosten stark erhöhen, schliessen sich immer mehr PKs einer Sammelstiftung an. Meiner Meinung nach ist dieser Trend aber nicht im Sinne der 2. Säule. Arbeitgeber können nur dann eine patronale Vorsorge für ihre Mitarbeitenden wahrnehmen, wenn sie als Unternehmer ihre Sicht der Dinge und ihre eigenen Werte einbringen können.

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Zur Person
Beat Hauenstein
CEO Oettinger Davidoff AG

Beat Hauenstein, 1967, ist seit September 2017 CEO der Oettinger Davidoff AG in Basel. Er hat einen MBA-Abschluss von der Universität St. Gallen und Eidgenössische Diplome in Informatik & Wirtschaft sowie ICT Engineering. Seine berufliche Karriere startete Hauenstein 1988 bei Coop Schweiz, Basel, wo er zuletzt als Chief Technology Officer tätig war. Von 1992 bis 2002 war er als Mitglied der Direktion und Leiter Cooperations & Partnerships bei der Helvetia, St. Gallen. 2003 stiess er zu Oettinger Davidoff, wo er unter anderem als Chief Information Officer (CIO), als Verantwortlicher für die Supply Chain und ab 2016 als Chief Operating Officer (COO) tätig war. Hauenstein ist verheiratet, Vater von vier Kindern und als Radfahrer und Alpin-Marathon-Teilnehmer begeisterter Ausdauersportler.

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