Fachartikel von Lucas Müller, CEO elipsLife Deutschland, Januar 2019

Alternative zur privaten Berufsunfähigkeitsversicherung

Alternative zur privaten Berufsunfähigkeitsversicherung

Jeder dritte Beschäftigte in Deutschland wird im Laufe seines Erwerbslebens berufsunfähig. Trotz dieser Tatsache ist nur eine Minderheit gegen dieses existenzielle Risiko versichert. Berufsunfähigkeit ist heute Privatsache, der Arbeitgeber hat sich aus der Diskussion weitgehend verabschiedet. Statistiken zeigen, dass der aktuell eingeschlagene Weg für eine flächendeckende Berufsunfähigkeitsversicherung nicht zielführend ist. Ein interessanter Lösungsansatz findet sich beim südlichen Nachbarn.

Im Laufe eines Erwerbslebens wird in Deutschland jeder dritte Arbeitnehmer berufsunfähig. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei einem 40-Jährigen bei 39%,  bei gleichaltrigen Frauen bei 35%, wie die biometrischen Tafeln der Deutschen Aktuarsvereinigung DAV zeigen. Die Gründe für eine Berufsunfähigkeit sind dabei sekundär – erwähnenswert ist aber, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen – heute bereits auf hohem Niveau – weiter steigt. Zusammen mit den Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates sind Erkrankungen der Psyche bereits für jede zweite Berufsunfähigkeit verantwortlich ( Morgen & Morgen, 2018).

Tiefe Durchdringung, hohe Deckungslücken

Trotz dieser besorgniserregenden Fakten sehen die Wenigsten Handlungsbedarf. Auf die Frage «Was glauben Sie, wer im Falle einer Berufsunfähigkeit Ihren Lebensunterhalt sicherstellt?» nannten 2018 laut Forsa 52% der Befragten den Staat, die gesetzliche Rentenversicherung und die Krankenversicherung. Ein Blick auf die von diesen genannten Institutionen tatsächlich erbrachten Leistungen – nach Höhe und nach Dauer – lässt aufhorchen: Reine Staatsgläubigkeit ist im Falle der Berufsunfähigkeit verheerend, denn sie führt zu einer gefährlichen vermeintlichen Sicherheit.

Die gesetzlichen Leistungen sind im Falle einer Berufsunfähigkeit bescheiden und decken den finanziellen Bedarf selten. Spätestens nach Einsetzen der staatlichen Erwerbsminderungsrente treten große Deckungslücken auf. Diese müssten  über die beiden anderen Schichten des Sozialversicherungssystems geschlossen werden können. Wie zum Beispiel in der Schweiz: Dort stocken  die Arbeitgeber das Leistungsniveau über die berufliche Vorsorge auf. Finanziert wird diese zu gleichen Teilen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer – die Parität ist gesetzlich verankert und führt so zu einem ansehnlichen Absicherungsniveau von rund 60% des versicherten Gehalts.  

Ist ein solcher Vorsorgeauftrag für den Arbeitgeber wie in Deutschland hingegen freiwillig, bleibt meist nur die individuelle Deckung. Mit der Direktversicherung und der dritten Schicht gibt es auf dem Markt zahlreiche Angebote. Dennoch hatten 2017 laut VuMA lediglich 14 Millionen Personen ab 14 Jahren in Deutschland eine Berufsunfähigkeitsversicherung im Haushalt. In Relation zur arbeitstätigen Bevölkerung ergibt dies ein Wert von 33%. Würde dieser Wert nicht auf die Haushalte, sondern auf die Zahl der Berufstätigen heruntergebrochen, könnte er weiter reduziert werden. Somit ist also geschätzt nur jeder vierte Arbeitnehmer gegen Berufsunfähigkeit ergänzend zur staatlichen Deckung abgesichert. In absoluten Zahlen sind dies rund 10 Millionen Arbeitnehmer.30 Million Angestellte dagegen vertrauen – oder hoffen – auf Vater Staat. Die Durchdringung der Berufsunfähigkeitsversicherung in Deutschland ist also äusserst bescheiden. Und selbst die Minderheit, die sich besser abgesichert hat, hat keinen Grund zum Aufatmen. Denn eine BU-Rente, die monatlich weniger leistet als 2.000 Euro, bietet selten ausreichenden Schutz, um den gewohnten Lebensstandard aufrechterhalten zu können.

Der Abschluss bleibt verwehrt

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey gaben 2017 mehr als 60% der Befragten an, dass sie es sehr wichtig (26,9%) oder wichtig (34,7%) finden, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Lediglich ein Viertel der Befragten erachtet die Deckung als unwichtig. Dies steht im Widerspruch zur tatsächlichen Durchdringung der Versicherung. Aktuell sind 25% der Arbeitnehmer versichert, während sich 25% nicht dafür interessieren. I Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Hälfte der deutschen Arbeitnehmer gerne zusätzlich eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen würde, also  knapp 20 Millionen Personen. Aber warum tun sie es nicht?

2011 hat sich die Continentale (Lebensversicherung AG) gemeinsam mit TNS Infratest mit dieser Frage befasst. Dabei haben sie Berufstätige ohne Absicherung gefragt, welche Gründe gegen eine Berufsunfähigkeitsversicherung sprechen. Dabei waren Doppelnennungen möglich. 54% gaben an, die Versicherung sei zu teuer bzw. 52% erwähnten, dass sie das Geld für andere Dinge ausgeben. 41% sagten, sie seien zu alt respektive zu jung für die Versicherung. Und 27% fühlten sich nicht ausreichend zum Thema informiert. Die Wertung dieses Resultats führt zu zwei Erkenntnissen: Erstens, die Berufsunfähigkeitsversicherung ist (zu) teuer bzw. die Opportunitätskosten sind zu hoch. Und zweitens scheint es aus Sicht der Befragten ein optimales Alter für den Versicherungsabschluss zu geben, das aber offensichtlich selten getroffen wird.

Beide Erkenntnisse stehen in Korrelation zueinander. Je älter der Antragsteller, desto teurer ist die Einstiegsprämie. Es bietet sich also an, bereits in jungen Jahren eine Deckung abzuschließen. Die Ausgabenbereitschaft der Beschäftigten zeigt sich in der gleichen Umfrage der Continentale wie folgt: 19% würden monatlich bis 10 Euro für die BU aufwenden, 26% bis zu 25 Euro und 21% bis zu 50 Euro. 14% sind gar bereit, mehr als 50 Euro monatlich auszugeben. Nur 20% der Befragten ist die Deckung keinen Cent wert. Anders ausgedrückt: 80% der Befragten wären bereit, immerhin mindestens 10 Euro pro Monat für die Deckung zu verwenden.

Entsprechend sollte die Durchdringung größer sein. Die Deckung ist jedoch für viele Arbeitnehmer kaum finanzierbar, weil sie monatlich oft weit mehr als die angesprochenen 10 Euro kostet. Als weiteres Stoppschild entpuppt sich die obligate Gesundheitsprüfung. Die Versicherer können sich die gewünschten «Risiken» frei auswählen, was oft zu Lasten von gewerblichen Arbeitnehmern geht. Und auch wer bereits eine Vorerkrankung oder ein Leiden hat, erhält die Deckung nicht ohne weiteres.

Bleibt also die Hoffnung auf den Staat und dessen Erwerbsminderungsrente. Sie entspricht bei voller Erwerbsminderung rund einem Viertel des Nettogehalts – bei höheren Einkommen wird diese Höhe jedoch nicht erreicht.

Arbeitgeber und das Kollektiv

Trotz eindeutiger Statistiken und offensichtlicher Deckungslücken bleibt es wohl  ein Wunsch, dass sich Beschäftigte grundlegend mit der eigenen Berufsunfähigkeit befassen. Das Thema wird gerne verdrängt und ist zudem kaum greif- oder vorstellbar. Wie gezeigt kommt hinzu, dass finanzielle Mittel entweder fehlen oder nicht für den Berufsunfähigkeitsschutz ausgegeben werden. In der Schweiz sind Berufstätige ausreichend abgesichert. Nicht, weil sie dem Thema mehr Bedeutung zumessen. Vielmehr profitiert die Arbeitnehmerschaft vom Gesetzgeber, der die berufliche Vorsorge bereits 1985 zum Obligatorium erklärt hat. Dies legt den Schluss nahe, dass zur Erreichung eines zufriedenstellenden Absicherungsniveaus Teile der Vorsorge durch den Arbeitgeber bereitgestellt werden müssen.

Die Schweiz und andere europäische Länder fanden die Lösung in der kollektiven, teilweise arbeitgeberfinanzierten Arbeitskraftabsicherung. Indem der Arbeitgeber für seine gesamte Belegschaft die Leistungen im Falle eine Berufsunfähigkeit aufstockt und die Kosten dafür übernimmt, löst er die beiden Aufnahmehürden Kosten und Gesundheitsprüfung, die sich dem individuellen Arbeitnehmer stellen. Im Kollektivgeschäft werden alle Mitarbeiter bis zu relativ hohen Absicherungslimits prüfungsfrei aufgenommen. Es gilt das Gesetz der großen Zahl, und durch die Kollektivierung kann Antiselektion vermieden werden. Der kollektive Ansatz führt auch dazu, dass die Prämie bedeutend attraktiver als auf Individualbasis kalkuliert werden kann.

Lösungen zur kollektiven Absicherung sind auch in Deutschland verfügbar. elipsLife verbindet die Kollektivdeckung zudem mit dem innovativen Care Management, mit welchem das Unternehmen krankheitsbedingte Fehlzeiten und damit Kosten reduzieren kann. Noch profitieren Unternehmen von einem absoluten Alleinstellungsmerkmal, wenn sie diesen Employee Benefit während des Rekrutierungsprozesses ins Feld führen. Bei zunehmender Emotionalisierung der Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehung gewinnen Benefits mit hohem sozialen Stellenwert an Bedeutung. Es profitieren also beide Seiten, und dank des Kollektivansatzes lassen sich Deckungslücken schrittweise schließen. Eine echte Alternative also zur privaten Berufsunfähigkeitsversicherung.

Zur Person
Lucas Müller
CEO elipsLife Deutschland

Lucas Müller ist verantwortlich für elipsLife Deutschland und hat in dieser Rolle die Herausforderung, lokale Bedürfnisse zu wecken und einen neuen Markt erschaffen zu können. Er beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit biometrischen Kollektivlösungen im Rahmen der betrieblichen Vorsorge. Nach seinem Studium und Masterabschluss in Betriebswirtschaftslehre an der Universität Fribourg absolvierte Lucas Müller das Graduates Programme bei Swiss Re, ehe er nach einem kurzen Exkurs bei einem Schweizer Krankenversicherer 2011 zu elipsLife stiess. Dort war er fünf Jahre als Head Sales CH/LI für den Aufbau der Schweizer Vertriebseinheit verantwortlich. Seit Mai 2017 führt er die deutsche Einheit von elipsLife als CEO Germany.

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