Barbara Schmid-Federer, Präsidentin Pro Juventute und ehemalige CVP-Nationalrätin
elipsLife echo: Pro Juventute ist in den letzten stark aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden. Wegen des Wegfalls des Briefmarkenverkaufs oder aus anderen Gründen?
Barbara Schmid-Federer: Diese Aussage würde ich so nicht stehen lassen wollen. Pro Juventute wurde 1912 für den Kampf gegen die Kinder-Tuberkulose gegründet. Den Bau der Kliniken sicherte man damals via Briefmarkenverkauf. Der Briefmarkenverkauf hat finanziell nur noch eine kleine Bedeutung und deshalb sind heute tatsächlich viel weniger Kinder für Pro Juventute unterwegs als vor dreissig Jahren. Bei unseren Zielgruppen, den Kindern und Jugendlichen und ihrem Umfeld, sind wir mit Schwerpunktthemen aber sehr wohl präsent und bekannt. Pro Juventute wird mit der Einführung von fünf neuen Regionalstellen auch wieder lokal präsenter werden.
Welche Leistungen erbringt Pro Juventute heute für Kinder und Familien?
Die Anlaufstelle für Jugendliche und Kinder Beratung + Hilfe 147 ist sicher unsere bekannteste Dienstleistung. Im Schnitt suchen hier täglich rund 350 Kinder Hilfe, oftmals in Zusammenhang mit gravierenden persönlichen Problemen oder sogar Suizidabsichten. Pro Juventute hat in den letzten Jahren neue Beratungskanäle eröffnet, etwa einen Chat, in dem Jugendliche andere Jugendliche beraten. Diesen Weg wollen wir weiter verfolgen und Kinder und Jugendliche noch vermehrt auf digitalen Kanälen erreichen. Pro Juventute verschickt auch die Elternbriefe mit praktischen Tipps für den Umgang mit Säuglingen und Kleinkindern. Sehr viele frischgebackene Eltern in der Schweiz erhalten diese Informationsbriefe und schätzen sie sehr.
Wie viele Projekte hat Pro Juventute am Laufen und wie viele Kinder profitieren davon?
Rund 265‘000 Kinder und Jugendliche sowie 100‘000 Eltern nutzen unsere Dienstleistungen jährlich. Wir verfolgen fünf strategische Schwerpunkte: psychische Gesundheit, Partizipation, frühe Kindheit, Medienkompetenz und Übergang Schule/Beruf. Pro Thema haben wir mindestens sechs verschiedene Projekte am Laufen. Unser Angebot ist sehr breit und umfasst Ferienangebote für Kinder, die mit ihren Familien nicht in die Ferien fahren können, oder Präventionsmassnahmen zu Themen wie Medien- oder Finanzkompetenz. Während meiner politischen Tätigkeit war Medienkompetenz übrigens persönliches Schwerpunktthema. Ich habe schon 2008/2009 mit Pro Juventute das Thema Jugend und Internet und die damit verbundenen Gefahren im Nationalrat aufs Tapet gebracht.