elipsLife echo-Interview mit Ständerat Hans Stöckli, SP, BE, und Nationalrätin Ruth Humbel, CVP, AG
elipsLife echo: Die Altersvorsorge steht seit langem weit oben auf dem Sorgenbarometer der Bevölkerung, zurzeit nur verdrängt durch COVID-19. Trotzdem schiebt der Ständerat die Beratung der AHV-Revision auf die lange Bank. Herr Stöckli, nehmen Sie die Sorgen der Wählerinnen und Wähler nicht ernst?
Hans Stöckli: Weil wir diese Sorgen sehr ernst nehmen, suchen wir eine mehrheitsfähige Lösung. Ein nochmaliges Scheitern einer AHV- oder BVG-Vorlage würde die Situation weiter verschlechtern. Die Gegner der Vorlage AV2020 im Jahr 2017 behaupteten, dass eine neue AHV-Reform locker über die Bühne gehen würde. Doch rasch zeigte sich, dass der Teufel im Detail steckt.
Ruth Humbel: Hans Stöckli und ich haben 2017 für die Vorlage AV2020 gekämpft. Damals spielten das Referenzrentenalter 65 für Mann und Frau sowie die Abfederungen insbesondere für Frauen mit unteren Einkommen entscheidende Rollen. Hätten sich alle Ständeräte seriös in die «alten» Akten vertieft, wären seither keine neuen Berichte und Berechnungen nötig geworden. Es hätte gereicht, die Unterlagen zur AV2020 zu aktualisieren und mit den neuen Elementen der Zusatzfinanzierung über die Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF)* zu ergänzen, um die neue AHV-Vorlage auf die Beine zu stellen.
Stöckli: Ich bedaure noch immer, dass wir die AV2020 nicht durchgebracht haben. Heute sind wir bei vielen Paramatern wieder in ähnlichen Bereichen wie damals, allerdings sind auch neue Gedanken aufgekommen, besonders zu den Ausgleichsmechanismen. Meine Seite wird einer Erhöhung des Rentenalters für Frauen nie zustimmen, wenn nicht substanzielle Ausgleichsmassnahmen gewährt werden.
Seit Jahren herrscht bei der Altersvorsorge eine politische Blockade. Herr Stöckli, betreibt die Linke Verweigerungspolitik?
Stöckli: Die Linke hatte bisher mit Ausnahme der Vorlage AV2020 das Volk in Vorsorgefragen immer hinter sich. Ausserdem wird das Scheitern der AV2020 unterschiedlich interpretiert. Die einen sehen den Zuschlag von 70 Franken, die anderen die Angleichung des Frauenrentenalters als Grund. Wir sind daher gut beraten, diese Punkte nochmals durchzudenken und solide Mehrheiten zu suchen.
Humbel: Das grosse Problem der Vorlage AV2020 war die Fundamentalopposition seitens SVP und FDP und das Referendum von ganz Links.
Stöckli: Ja, das ist richtig. Die Jusos waren uns mit ihrem Referendum keine grosse Hilfe, diplomatisch gesagt. In der STAF-Abstimmung konnten wir dann die Mehrheit holen. Tatsache aber ist: Bei der Erhöhung des Rentenalters für Frauen gibt es heute auf der linken Seite einen harten Kern, der unter keinen Umständen mitmacht.