echo-Interview mit Stefan Meierhans, Eidgenössischer Preisüberwacher
elipsLife echo: Strom, Gas, Benzin, Krankenkassen, Lebensmittel, Freizeit – alles wird teurer. Herr und Frau Schweizer sehen sich mit teils massiven Preisaufschlägen konfrontiert. Macht die öffentliche Hand genug gegen die Kostenexplosion?
Stefan Meierhans: Nehmen wir als Beispiel den Energiesektor: Ich habe diesen Sommer eine Empfehlung an den Bundesrat gerichtet, bei der Elektrizitätsrechnung für Entlastung zu sorgen. Mir geht es vor allem um die Netznutzung, die ja rund einen Drittel der Stromrechnung ausmacht. Während die Verknappung beim Energieteil den Handlungsspielraum einschränkt, sieht es bei der Netznutzung – notabene ein Monopolbereich mit regulierten Kosten – anders aus. Seit Jahren sage ich, dass wir die Netze vergolden. Bei der Festlegung des Netznutzungspreises gilt eine Eigenkapitalverzinsung von 6,96% – was absurd hoch ist. Auch die Fremdkapitalverzinsung ist mit 1.75 % zu hoch. Pro Jahr macht dieser Mehraufwand rund CHF 350 Mio. aus. Bereits 2017 hatte ich dem Bundesrat empfohlen, diese Verzinsung zu senken. Wir warten bis heute vergebens darauf.
Nebst Energieteil und Netznutzung werden bei der Stromrechnung auch Gebühren und Abgaben fällig. Wie sieht es hier aus?
Hier gilt das Gleiche. Allein der vom Bund bestimmte Netzzuschlag zur Förderung alternativer Energie beträgt 2.4 Rp./kWh. Viele Kantone und Gemeinden belasten den Strom zusätzlich mit Konzessions- und ähnlichen Gebühren. Diese steigen durchschnittlich von 0.9 auf 1.0 Rp./kWh, statt dass sie abgeschafft oder wenigstens ausgesetzt werden. Meine diesbezügliche Empfehlung fand bislang kein Gehör.
Und warum reagiert der Bundesrat nicht?
Die Stromunternehmungen sind meist Eigentum der Kantone und der Städte. Die Stromversorgung ist seit vielen Jahre eine Cash Cow des öffentlichen Haushalts – in Form hoher Dividenden, als Abgeltung für die Netznutzung und als Gebühren und Abgaben. Wer sich einmal an solche Einnahmen gewöhnt hat, kann nur schwer darauf verzichten. Mich ärgert es aber sehr, dass der Bund insbesondere bei der Netznutzung seine Hausaufgaben nicht macht.
Welche Aussichten auf Erfolg hat Ihre Empfehlung für die Netznutzung?
In der Herbstsession hat der Ständerat mit 20:19 Stimmen eine Anpassung der Verzinsung der Kapitalkosten und eine entsprechende Aufforderung an den Bundesrat beschlossen. Das freut mich und ist beachtenswert, weil im Ständerat gefühlt jedes zweite Ratsmitglied im Verwaltungsrat eines Stromversorgers sitzt. Auch im Nationalrat gab es zwei entsprechende Motionen. Die gegenwärtige Energiesituation scheint in der Politik einiges in Bewegung zu setzen. Mein Job ist nie ein Kurzstreckenlauf, sondern geht immer über die Marathondistanz.
Anfang September forderten Sie die Banken auf, die aus Ihrer Sicht überrissenen Bankgebühren zu senken. Sind auch die Pensionskassen auf Ihrem Radar?
Der Preisüberwacher greift immer dann ein, wenn es «gefangene Kunden» gibt, also Leute, die nicht wählen können. Oder wenn der Preis nicht das Ergebnis eines wirksamen Wettbewerbs ist. Das BVG ist schon lange ein Thema. Ich erhalte immer wieder Bürgerbeschwerden wegen zu hohen Verwaltungskosten, hatte bislang aber schlicht nicht die Ressourcen, um mich vertieft mit dem Thema zu befassten. Für die Zukunft schliesse ich das jedoch nicht aus.