Portrait of Georgos Pallas
echo-Interview, Mai 2022

Die Jungen müssen mehr politisches Gewicht erhalten

ELIPSLIFE ECHO - EINE GESPRÄCHSSERIE MIT PERSÖNLICHKEITEN AUS WIRTSCHAFT UND POLITIK

echo-Interview mit Georgos Pallas

echo-Interview mit Georgos Pallas, Besitzer und Geschäftsführer der Pallas Kliniken

elipsLife echo: Herr Pallas, die Kostenfrage spielt in der Gesundheitspolitik eine grosse Rolle. Obschon öffentliche Spitäler immer neue Sparrunden beschliessen, sind Defizite die Regel. Wie gelingt es, in diesem Umfeld eine private Klinik gewinnbringend zu betreiben?
Georgos Pallas: Wegen der laufend sinkenden Tarife erhalten die Spitäler für gleiche Leistungen immer weniger. Gleichzeitig steigen die Kosten. Als Klinik bleibt uns nur eine Lösung: die Verbesserung der Prozesseffizienz. Spitäler, die viele gleichartige Behandlungen kumulieren können, haben einen Kosten- und einen deutlichen Qualitätsvorteil. Die Pallas Kliniken haben als grösste Augenklinik in der Schweiz einen Marktvorteil, der uns in vielfacher Weise hilft: Wir gewinnen bessere Spezialisten, haben erprobte Abläufe und wir können mehr in die Technologie investieren. All das zusammen ist der Schlüssel für unseren Erfolg. 

Hat die Corona-Pandemie die Kostenexplosion im Gesundheitswesen verstärkt?
Dass Corona zu einer Kostenexplosion führe, finde ich eine zu kurze Sichtweise. Corona hat gezeigt, wie problematisch dauernde Sparübungen im Gesundheitswesen sind: Wir hatten ja zu wenig Betten und mussten zum Schutz des Gesundheitssystems die ganze Wirtschaft runterfahren. Das hat Unsummen gekostet. Wäre es nicht klüger gewesen, mehr in die Vorhalteleistung zu investieren? Wir täten gut daran, die richtigen Lehren aus der Pandemie zu ziehen. Das Gesundheitswesen ist nicht nur die Versorgung der Bevölkerung, sondern – ähnlich wie das Militär – auch eine Art Vorsorge für schwierige Zeiten. 

Bereits vor ein paar Jahren gaben die Ärztetarife in der Augenheilkunde zu reden. In der Folge wurden die Tarmed-Tarife angepasst. Wie haben diese neuen Tarife die Arbeit der Pallas Kliniken beeinflusst?
Sie sprechen die Situation von 2018 an. Damals wurden für einige Behandlungen die Tarife um bis zu zwei Drittel gesenkt. Die finanziellen Auswirkungen auf unsere Tätigkeit waren gross, aber es war vor allem das Ende einer Ära. Bis dahin gab es eine funktionierende Tarifpartnerschaft zwischen Spitälern, Ärzten und Versicherungen. Sie legten zusammen die Tarife fest. Damit war 2018 Schluss. Es war das erste Mal, dass der Bundesrat – sehr überraschend für alle Marktteilnehmer – einfach etwas verfügte.

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Mediziner aus der Schweiz gehören in der Augenheilkunde weltweit zu den führenden Akteuren. Was macht die Augenheilkunde hierzulande so innovativ? 
Es sind mehrere Gründe. Zuerst ist die Schweiz ein sehr attraktives Land mit hohen Löhnen, hohem Lebensstandard und grosser Sicherheit. Deshalb schaffen wir es, Top-Experten aus dem Ausland in die Schweiz an die Universitäten und in die Privatkliniken zu holen. Zweitens erlaubt es das hiesige Umfeld bezüglich Zeit und Budgets noch immer, in der Forschung aktiv zu sein. Drittens sind die Arbeitsplätze attraktiv und mit bester Technologie ausgerüstet. Viertens schliesslich ist die hochstehende Ausbildung unserer Fachkräfte in der Schweiz zu nennen. 

Wie viele Kliniken betreibt die Pallas AG und wie viele Mitarbeitende beschäftigen Sie?
Wir sind heute an 18 Standorten in der ganzen Deutschschweiz tätig. Die Pallas Kliniken beschäftigen rund 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 

Ist die Altersvorsorge bei Neuanstellungen ein Thema?
Die Altersvorsorge ist in unseren Anstellungsgesprächen sicher kein Schwerpunkt, vor allem für jüngere Leute ist dieses Thema noch zu weit weg. Ausserdem ist unsere Altersvorsorge komplex. Es ist deswegen eine echte Herausforderung, die Vorzüge einer guten Altersvorsorgelösung aufzuzeigen. 

Viele Unternehmen schreiben sich das betriebliche Gesundheitsmanagement auf die Fahne. Welchen Stellenwert hat das Care Management bei den Pallas Kliniken?
Der Stellenwert ist gross. Wir sind ein People Business und tragen Sorge zur Gesundheit unserer Leute. Unsere Führungskräfte bilden wir entsprechend aus. 

Wie beurteilen Sie das Care Management von elipsLife?  

Unsere Erfahrungen sind positiv. Wir haben bislang viele gemeinsame Projekte durchgeführt. Beispiele sind die Einführung von Schonarbeitsplätzen, die Standardisierung der Rückkehrgespräche nach Ausfallzeiten, die Lancierung einer Reihe von Kampagnen zur Gesundheitsförderung oder Ausbildungsblocks für Führungskräfte. 

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Das Parlament hat im Rahmen der neusten AHV-Revision die Erhöhung des Frauen-Rentenalters auf 65 Jahren beschlossen. Wie stehen Sie dazu?
Dieser Schritt ist absolut richtig. Frauen werden älter als Männer und wenn man von Gleichberechtigung spricht, gibt es keinen Grund, das Frauenrentenalter nicht anzupassen. Die Sanierung der AHV ist dringend nötig, das steht ausser Frage. Wir leben immer länger – deshalb wird auch die Zeit, während der wir zukünftig arbeiten, länger sein müssen. 

Die Höhe der Kompensation für die Frauen war im Parlament der Knackpunkt, andere Aspekte wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer führten hingegen kaum zu grossen Diskussionen. Wird die AHV-Reform an der Urne bestehen?
Ich weiss nicht, ob die Reform an der Urne durchkommen wird. Für mich steht aber fest, dass wir das Thema wegen der Überalterung der Gesellschaft grundsätzlich lösen müssen, auch im BVG-Bereich. Es braucht neue Ideen. Denn es geht nicht um die Frage, ob das Finanzieren der AHV über immer mehr Steuern die richtige Lösung ist. Vielmehr müssen wir uns als Gesellschaft darüber Gedanken machen, wie wir die immer grösser werdende Ungleichverteilung zwischen Jung und Alt lösen wollen. Wie sollen immer weniger junge Menschen die Vorsorge von immer mehr alten Menschen finanzieren? 

Sie sprechen den Generationenkonflikt an?
Ja, die Jungen haben immer weniger Gewicht in den Abstimmungen, die «Alten» werden zahlmässig übermächtig. Wir müssen uns dringend überlegen, wie das ausbalanciert werden kann, damit gesellschaftlich brennende Fragen nicht an der Überalterung auflaufen. Wenige Rentenbezüger werden wohl für ihre eigenen Kürzungen stimmen und auch in vielen anderen gesellschaftlichen Fragen wird der Graben zwischen Jung und Alt stärker spürbar. Langfristig droht deshalb die Solidarität in der Gesellschaft auseinanderzubrechen – und damit der Generationenvertrag, auf dem die Altersvorsorge basiert.

Mit der aktuellen «Pflästerlipolitik» wird man die eigentlichen Probleme der Altersvorsorge jedenfalls nicht lösen. Politik und Gesellschaft müssen diese Diskussionen gesamtheitlich führen.

Prtrait of Georgos Pallas

Bei der Revision der 2. Säule scheint eine allgemeine Kürzung der BVG-Renten politisch ausgeschlossen. Um die Senkung des Umwandlungssatzes abzufedern, hat der Nationalrat daher Rentenzuschläge beschlossen. Befürworten Sie die Umverteilungen in der 2. Säule?
Nein, es erweckt für mich den Eindruck, dass im besten Fall Betroffene vertröstet werden, damit das Grundproblem einmal mehr für ein paar Jahre aus dem Fokus verschwindet. 

Sollen sich auch Rentenbezüger an der BVG-Sanierung beteiligen oder sind erworbene Rentenansprüche tabu?
Aus meiner Sicht kann diese Frage kein Tabu mehr sein. Wie gesagt: Es geht nicht, dass immer weniger junge Leute die immer zahlreicheren Alten finanzieren müssen, und gerade bei jungen Familien fehlt oft das Geld und nicht bei unseren Pensionierten. Ich bin ein sehr sozial eingestellter Mensch. Daher befürworte ich Hilfeleistungen für Betroffene, sollten bei Rentenkürzungen Härtefälle entstehen, damit jeder über die Runde kommt. Aber deshalb das ganze System zu «pervertieren», macht keinen Sinn. 

Sollte die 3. Säule vom Staat mehr gefördert werden, um die 1. und 2. Säule zu entlasten?
Brauchen wir wirklich drei Säulen? Könnten wir nicht stattdessen die Einzahlungsmöglichkeiten in der 2. Säule erhöhen? Mir scheint das gesamte System zu kompliziert. Wir müssen dafür sorgen, dass alle Arbeitstätigen das Vorsorgesystem verstehen. Das ist heute nicht der Fall. Eine Komplexitätsreduktion würde daher sehr viel bringen, wie auch immer sie gestaltet ist. 

Zur Person
Georgos Pallas
Besitzer und Geschäftsführer der Pallas Kliniken

Georgos Pallas, 1976, ist in der Region Olten aufgewachsen. Er schloss 2001 das Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität St. Gallen ab und bildete sich auch zum Spitalexperten weiter. Bereits während des Studiums war Pallas beruflich aktiv, so gründete er 1994 eine PC-Firma, absolvierte bei verschiedenen Unternehmen mehrmonatige Praktika und arbeitete während seinem Studium in den Pallas Kliniken. Georgos Pallas ist Besitzer und Geschäftsführer (seit 2001) der 1994 gegründeten Pallas Kliniken. Er ist verheiratet, wohnt in Starrkirch-Wil bei Olten und ist Vater von fünf Kindern.

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