echo-Interview mit Martin Candinas, Die Mitte, Schweizer Nationalratspräsident 2022/2023
elipsLife echo: Herr Candinas, herzlichen Glückwunsch zum Nationalratspräsidium. Welche Themen stehen für Sie während Ihrer Amtszeit im Vordergrund?
Martin Candinas: Die Schweiz ist mit ihren vier Landessprachen und den unterschiedlichen Landesgegenden und Kulturen ein faszinierendes Land. Eine riesige Vielfalt und doch eine Einheit – das zu thematisieren, ist mir eine Herzensangelegenheit. Für mich als Rätoromanen ist es von besonderer Bedeutung, die vier Landessprachen zu leben, denn unsere grosse Vielfalt erfordert gemeinsame Lösungen. Als Nationalratspräsident habe ich deshalb das Motto „gemeinsam, ensemble, insieme, ensemen“ gewählt. Die Entstehung und Entwicklung unseres Landes mit seiner direkten Demokratie und somit das Finden von Lösungen auf einem festen Fundament stehen für mich im Zentrum.
Welches sind aus Ihrer Sicht die grössten politischen Herausforderungen im neuen Jahr?
Sicher die Energiepolitik. Der Angriffskrieg Russlands und die allgemeine wirtschaftliche und sicherheitspolitische Entwicklung zwingen uns dazu, uns mehr Gedanken über Nutzen und Schutz bestehender und zukünftiger Massnahmen zu machen. Das Parlament hat im letzten Jahr erste Entscheide gefällt, weitere werden folgen. Wir müssen unsere Stromproduktion generell erhöhen und die Abhängigkeit vom Ausland senken. Darüber hinaus sind wir mit schwerwiegenden Fragen in der Sicherheitspolitik, beim BVG sowie bei den Gesundheitskosten und den Krankenkassenprämien konfrontiert. Auch das Verhältnis zur EU wird uns im Parlament dieses Jahr beschäftigen.
Welche Herausforderungen bringt das Amt als Nationalratspräsident für Sie persönlich?
Als Nationalratspräsident leite ich die Sitzungen und vertrete den Rat nach aussen. Ein besonderes Augenmerk werde ich auf den gelebten Respekt und eine darauf aufbauende Debattenkultur richten – gerade in diesem Wahljahr. Die Kehrseite der Medaille ist der Teil-Verzicht auf Politik, sozusagen. Als Nationalratspräsident werde ich mich mit meiner Meinung zurückhalten und beispielsweise nicht an Debatten und Podiumsdiskussionen teilnehmen. Wer mich kennt, weiss, wie schwer mir das fallen wird. Trotzdem freue ich mich riesig auf das Amt.