echo-Interview mit Reto Ebnöther, Head of Health & Benefits, WTW (Willis Towers Watson) Schweiz
elipsLife echo: In ihrer Benefits-Trends-Umfrage 2023 untersucht WTW aktuelle Benefits-Strategien. Insgesamt 85 Unternehmen beteiligten sich in der Schweiz an der Erhebung. Welches sind die wichtigsten Erkenntnisse?
Reto Ebnöther: Die Unternehmen bezeichnen «Talent Attraction» als ihre grösste Herausforderung. Daher werden Benefits-Pakete zum entscheidenden Element im Rennen um neue Talente. Zweitens verursachen die aktuellen geopolitischen und ökonomischen Herausforderungen einen grossen Kostendruck. Also muss gut überlegt sein, in welche Benefits ein Unternehmen investieren will. Drittens schliesslich nannten die Unternehmen die «Employee Experience» als grösste interne Herausforderung. Da geht es um die Frage, wie die «Employee Value Proposition» aufzubauen und zu kommunizieren ist, damit die Mitarbeitenden zufrieden sind und bleiben.
Ursprünglich beschränkten sich Benefits auf Lohnnebenleistungen. Heute wird der Begriff viel umfassender verstanden. Welches sind aus WTW-Sicht die wichtigsten Benefits?
Die klassischen Benefits wie Pensionskassenleistungen sind noch immer sehr wichtig. Heute gehören aber auch verschiedene Ferienleistungen (bspw. längerer Vaterschaftsurlaub, Ferienkauf), Mobilitätsangebote oder Weiterbildungsmöglichkeiten dazu; ebenso firmenkulturelle Aspekte wie Wellbeing-Pakete. Mit solchen Angeboten zeigen Unternehmen, dass sie sich für ihre Mitarbeitenden interessieren, sie abholen und unterstützen – kurz, sich um sie kümmern.
Benefits sollen die körperliche und geistige Gesundheit von Mitarbeitenden fördern sowie das allgemeine Wohlbefinden steigern. Lediglich 45% der befragten Firmen schätzen Benefits-Massnahmen in diesem Kontext jedoch als effektiv ein. Warum?
Die Unternehmen sind sich bewusst, dass sie bei ihren Anstrengungen noch Luft nach oben haben. Daher sind sie bei Selbsteinschätzungen zurückhaltend. Zudem decken Benefits ein breites Feld ab, das erwähnte Wellbeing beispielsweise. WTW setzt bei Diskussionen über Wellbeing auf einen holistischen Ansatz. Wir reden von vier Dimensionen von Wellbeing: das physische, das emotionale, das soziale und das finanzielle. Bei einem so breiten Gebiet ist es schwierig, die Prioritäten richtig zu setzen. Unternehmen neigen dazu, eher nichts zu tun als das Falsche. Dabei wäre eine Analyse von Schwächen und Bedürfnissen der Mitarbeitenden ein guter Anfang. Ist dieser erste Schritt einmal gemacht, entwickelt sich das Weitere oft von selbst.
Mit Benefits-Strategien können Unternehmen die Entwicklung der mentalen Gesundheit von Mitarbeitenden unterstützen. Schöpfen die Firmen das Potenzial aus?
Sicher nicht. In Umfragen zeigt sich immer wieder, dass Mitarbeitende mehr Unterstützung wünschen. Das Thema mentale Gesundheit ist komplex. Seit Jahren nehmen die Absenzen aufgrund psychischer Leiden zu, Covid hat das noch verstärkt. Aus Unternehmenssicht steht hier die Förderung der Resilienz im Vordergrund. Mitarbeitende abholen und unterstützen, ihnen Sicherheit vermitteln und gewisse Tabus brechen. Aber auch die Sensibilisierung der Führungskräfte ist wichtig, der Aufbau einer guten, vertrauensvollen Kommunikationskultur. Nur dann wird das Gespräch mit den Vorgesetzten gesucht, wenn es mal nicht gut läuft.