Daniel Leupi, Stadtrat von Zürich, Finanzvorstand und Stiftungsratspräsident der Pensionskasse Stadt Zürich
elipsLife echo: Der Bundesrat hat Ende August eine AHV-Reformvorlage verabschiedet. Die Linke ist gegen die Erhöhung des Rentenalters für Frauen, den Bürgerlichen fehlen Lösungen für die strukturellen Probleme der AHV. Wie sehen Sie den Vorschlag?
Daniel Leupi: Ganz allgemein – die Sicherung der Altersvorsorge ist für mich eine der grössten politischen Herausforderungen der nächsten Jahre, neben dem Klimawandel, der Regelung unseres Verhältnisses zu Europa und der Gewährleistung einer offenen und sozialen Gesellschaft.
Mit den Details des Vorschlags habe ich mich noch nicht beschäftigt. Bezüglich Rentenalter gehe ich tendenziell von einer Erhöhung aus. Die Beitragssätze der AHV lassen sich nicht beliebig erhöhen. Die Leute leben länger und solange auf der Ertragsseite wegen der tiefen Zinsen kaum Einnahmen kommen, bleibt praktisch keine andere Lösung. Ein Anstieg des Rentenalters muss allerdings sozial abgefedert sein. Worauf sich die Leute im Hinblick auf ihr Leben im Alter während mehr als 30 Jahren eingestellt haben, lässt sich nicht in kurzer Zeit anpassen. Wer noch die Chance hat, sich auf die Erhöhung des Rentenalters einzustellen, dem muss diese Möglichkeit geboten werden. Für jene aber, die kurz vor dem Ruhestand stehen und deshalb nicht mehr reagieren können, braucht es einen Ausgleich. In einem reichen Land wie der Schweiz dürfen durch die Verschiebung keine sozialen Härtefälle entstehen.
Sie sind also für eine Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65 Jahre?
Ja, wenn auch über die Erhöhung des Männeralters diskutiert werden muss. So oder so ist für mich ein sozialer oder finanzieller Ausgleich für Frauen zwingend. Alle Bereiche, in denen die Frauen noch immer benachteiligt sind, müssten in diesem Zusammenhang angesprochen werden. In der Stadt Zürich haben wir zum Beispiel bei Lohnvergleichen mit 0,6% nur eine sehr geringe, nicht erklärbare Lohndifferenz zwischen Mann und Frau festgestellt. Da ist die öffentliche Hand sicher bessergestellt als Teile der Privatwirtschaft, die gefordert sind.
Was steht für Sie bei der AHV-Reform im Vordergrund?
Der zentrale Punkt ist die Tragbarkeit. Ich sehe das auch bei der Finanzpolitik in Zürich. Man muss die Systeme mittel- und langfristig im Gleichgewicht halten, damit die Bürger das Vertrauen in die zentralen Funktionen des Staates nicht verlieren. Das gilt ganz besonders für die Altersvorsorge. In der Schweiz gibt es bei der Vermögens- und Einkommensverteilung riesige Differenzen. Deshalb sind sozialer Ausgleich und sicheres Alter wichtige Forderungen.