Die Altersvorsorge 2020 sollte das System, das mit den drei Säulen die staatliche und private Vorsorge kombiniert, für die Zukunft fit machen. Was ist aus Ihrer Sicht schief gelaufen?
Zuerst einmal die Durchmischung der 1. und der 2. Säule. Die Altersvorsorge 2020 schwächt die zweite Säule und baut die erste Säule aus, ohne dass dies nachhaltig finanziert wäre. Damit schwächt man das gesamte 3-Säulen-System unserer Altersvorsorge. Und die ursprüngliche Zielsetzung ging verloren, nämlich die nachhaltige Sicherung der Finanzierung der 1. und 2. Säule. Die Altersvorsorge 2020 verschiebt das Problem einfach auf die junge Generation. Sie ist deshalb eine Scheinreform.
Die CVP hat sich im Wahljahr in den Seitenwagen der Gewerkschaften gesetzt und eine light Version der AHVplus Initiative verabschiedet. Dafür haben die Linken dem CVP-Anliegen zugestimmt, die Renten für Ehepaare zu erhöhen. Die im Wahljahr versprochenen Geschenke konnten nicht mehr rückgängig gemacht werden, obwohl deren Finanzierung nicht geklärt ist. Die beiden Parteien haben also einen Kuhhandel auf Kosten der AHV gemacht und konnten aus Parteiräson nicht mehr zurückkommen, ohne das Gesicht zu verlieren.
Man hört heute oft, dass der Generationenvertrag nicht mehr funktioniert. Wie muss dieser aussehen, damit die FDP hinter einer Reform der Altersvorsorge stehen kann?
Den Generationenvertrag müssen wir neu diskutieren, weil er tatsächlich nicht mehr funktioniert. Das zeigt die Altersvorsorge 2020 deutlich. Sie ist allein deshalb ungerecht, weil die jetzigen Rentner die 70 Franken nicht bekommen. Zwar betrifft sie die Senkung des Umwandlungssatzes nicht, doch sie tragen die Erhöhung der Mehrwertsteuer mit. Ungerecht ist ferner, die Altersklasse der 45-Jährigen bis Renteneintritt mit 70 Franken höheren Renten für ein Ja zu ködern. Für mich ist nicht erklärbar, warum eine Übergangsgeneration von 20 Jahren keine Senkung des Umwandlungssatzes im obligatorischen Teil der Pensionskasse hinnehmen muss. Und die grösste Ungerechtigkeit: Die junge Generation bis 45 Jahre bekommt zwar 70 Franken mehr AHV, muss jedoch höhere Lohnabgaben, höhere Mehrwertsteuerabgaben und einen tieferen Umwandlungssatz in Kauf nehmen. Die Jungen tragen die Hauptlast. Das geht vor allem deshalb nicht, weil es wieder die Jungen sein werden, die ab 2027 für die Neufinanzierung der AHV hinhalten müssen. Wenn wir von einem Generationenvertrag sprechen, muss dieser fair ausgestaltet sein und die Hauptlast nicht einseitig den Jungen aufbürden.
FDP und Wirtschaftsverbände stören sich an der um 70 Franken höheren AHV-Rente, die Jungsozialisten an der Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65. Droht hier die Lösungsfindung an zu viel Ideologie zu scheitern?
Nein, das glaub ich nicht. Die Angleichung des Rentenalters für Frauen und Männer ist in der Bevölkerung mehrheitsfähig. Ausserdem haben wir ja diverse Kompromissvorschläge eingebracht. Von bürgerlicher Seite haben wir zum Beispiel vorgeschlagen, den Koordinationsabzug abzuschaffen, was Teilzeitarbeitenden bessere Renten bringt. Gewerkschaftschef Rechsteiner hatte dies im Ständerat gefordert und wir haben es als Kompromiss gegen die 70 CHF vorgeschlagen. Die Linken waren aber blind für Kompromisse und haben die schädlichen und ungerechten 70 Franken durchgepowert. Das ist ein weiterer grosser Nachteil der Altersvorsorge 2020: Die Ärmsten haben am Schluss am wenigsten Geld im Portemonnaie, weil die 70 Franken einfach bei den Ergänzungsleistungen aufgerechnet würden. Dabei ist es nicht einmal ein Nullsummenspiel, weil AHV-Renten besteuert werden, Ergänzungsleistungen dagegen nicht. Und weil auch die Ärmsten die höhere Mehrwertsteuer zu zahlen haben, verfügen sie am Ende über weniger Geld. Es ist doch haarsträubend, eine Altersvorsorgereform aufzugleisen, bei der die Jungen und die Ärmsten die Deppen im Umzug sind. Ausgerechnet die Linke, die nicht müde wird darauf hinzuweisen, wie sozial sie sei, unterstützt diese Reform.