Fachartikel von Marco Cereghetti, November 2020

Coronavirus: Unterschätzte physische und psychische Folgen am Arbeitsplatz

Das Coronavirus zeitigt bislang wenig beachtete Folgen am Arbeitsplatz. Umfragen belegen, dass die Corona-Krise vermehrt zu Rückenschmerzen und psychischen Beschwerden geführt hat. Die Gesundheit der Mitarbeitenden ist das Kernkapital jedes Unternehmens. Arbeitgeber können ihre Belegschaft in dieser Phase signifikant unterstützen. Und damit in den Bereichen Employer Branding, Mitarbeiterbindung und Mitarbeitermotivation punkten.

Das Coronavirus hat die (Arbeits-) Welt in vielen Bereichen des Lebens verändert. Neue Faktoren drohen das Wohlbefinden jeder einzelnen Person zu beeinträchtigen. Zum Beispiel der digitale Stress: Die Nutzung von Nachrichtendiensten hat stark zugenommen, zu viele Informationen führen jedoch oftmals zu Unsicherheit und Angst. Oder die weiterhin massive Reduktion der persönlichen Kontakte: Die meisten Menschen kompensieren dies durch Online-Kontaktpflege wie über die Videotelefonie, was einen persönlichen Kontakt allerdings nie vollständig zu ersetzen vermag.

Bereits seit Langem zählen Rückenleiden und psychische Erkrankungen zu den weit verbreiteten Volkskrankheiten. 18% der erwerbstätigen Schweizerinnen und Schweizer klagen über Rückenschmerzen, die durch ihre Arbeitstätigkeit verursacht werden. Und 29% der Erwerbstätigen fühlen sich erschöpft. Solche Beschwerden verursachen sehr oft krankheitsbedingte Fehlzeiten. Diese führen für Arbeitgeber zu direkten Kosten wie Lohnfortzahlung und indirekten Kosten wie Produktionsausfall. Kosten, die durch die Auswirkungen des Coronavirus noch massiv steigen könnten. 

Ursache für den Anstieg von Rückenschmerzen können Bewegungsmangel und/oder nicht-ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze sein. Als Folge der zunehmenden Flexibilisierung der Arbeit arbeiten viele Mitarbeitende beispielweise weiterhin ganz oder teilweise im Homeoffice, in vielen Fällen am Küchen- oder Wohnzimmertisch oder sogar vom Sofa aus. Und mit schädigenden Auswirkungen gerade auf den Rücken. Corona und die damit einhergehenden Folgen wie die soziale Isolation während des Lockdowns im Frühjahr dieses Jahres haben sich aber auch bei vielen Menschen auf die mentale Gesundheit ausgewirkt. Die anhaltende Pandemie wird oftmals als Stress empfunden – auch weil viele um ihre Existenz bangen. Im Fokus der Öffentlichkeit steht das Virus jedoch meistens wegen seinen physischen und weniger aufgrund seiner psychischen Auswirkungen. Wobei Letztere nicht zu unterschätzen sind, führten doch psychische Erkrankungen bereits vor Corona nicht selten zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Berufsleben. So liegt 48% der heutigen IV-Renten eine psychische Erkrankung zugrunde.  

Die Gesundheit der Mitarbeitenden ist das Kernkapital jedes Unternehmens. Daher sollten Arbeitgeber gezielte Massnahmen ergreifen, um dem Anstieg von Rücken- und psychischen Beschwerden ihrer Beschäftigten entgegenzuwirken. Dies auch vor der Tatsache, dass sich die Arbeitswelt in den letzten Monaten in vielen Bereichen in rasantem Tempo verändert hat. Änderungen, die nachhaltig sein werden, wünschen doch viele Mitarbeitende, auch in post-Corona-Zeiten mobil arbeiten zu können. Daraus ergeben sich für die Arbeitgeber Konsequenzen, denn sie sind auch unter solch veränderten Gegebenheiten verpflichtet, ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen. 

Arbeitgeber einerseits mit Pflichten…
Die eingetretenen Änderungen wirken sich ebenfalls auf die Mitarbeiterführung aus – ein wichtiger Punkt gerade im Wissen, dass eine als schlecht erlebte Führung psychisch krank machen kann. Arbeitgeber und Mitarbeitende sind nach mehr als sechs Monaten Pandemie aktuell in einer neuen Normalität angekommen. Führungskräfte sind dabei aber mehr denn je gefordert. Ihr Auftritt ist zentral, denn sie müssen mit gutem Beispiel vorangehen für das Verhalten, das sie vermitteln möchten. Dies gilt auch für den Umgang mit psychischen Belastungen. Wichtig ist, dass Führungskräfte, Mitarbeitende und Teams miteinander in Kontakt bleiben. Dafür ist der geeignete Kommunikationskanal zu wählen. Es ist sicher sinnvoller, mit den Mitarbeitenden zu telefonieren oder Videokonferenzen abzuhalten als ausschliesslich per E-Mail oder gar nicht zu kommunizieren. Der direkte Kontakt ermöglicht Führungskräften schneller wahrzunehmen, ob ein Mitarbeitender psychisch belastet ist. Und entsprechend können sie schneller und besser reagieren. 

Zur Vermeidung von Rückenerkrankungen sollten Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden bei der ergonomischen Gestaltung des Homeoffice-Arbeitsplatzes unterstützen. Dies kann auf verschiedene Weisen erfolgen, zum Beispiel durch einen finanziellen Beitrag zur Anschaffung von Bürostühlen bzw. Schreibtischen oder durch Anleitungen für „Bürogymnastik“ zur Stärkung der Rückenmuskulatur.   

Ebenfalls ist es hilfreich, wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden konkrete Tipps für mobiles Arbeiten bzw. die Arbeit im Homeoffice an die Hand geben. Das Einhalten gesundheitsförderlicher Routinen, genügend Bewegung, gesunde Ernährung oder Pausen an der frischen Luft sind hier von zentraler Bedeutung. 

… andererseits mit Chancen
Arbeitgeber müssen gerade in der gegenwärtigen Corona-Zeit zeigen, dass ihnen die Gesundheit ihrer Belegschaft am Herzen liegt. Sie sollten ihre Mitarbeitenden aktiv dabei unterstützen, die Gesundheit zu erhalten bzw. zu verbessern. Dies bietet die Chance, angesichts des aktuellen demografischen Wandels und des Fachkräftemangels als Gewinner aus der Corona-Krise hervorzugehen. Gezielte Massnahmen ermöglichen es Arbeitgebern, einem Anstieg krankheitsbedingter Absenzen vorzubeugen bzw. diese eventuell sogar zu reduzieren. Dabei ergibt sich für sie zugleich die Möglichkeit, das Employer Branding sowie die Mitarbeiterbindung und -motivation zu stärken. In die Gesundheit der Mitarbeitenden zu investieren lohnt sich in mehrfacher Hinsicht – übrigens nicht nur in Corona-Zeiten.

Zur Person
Marco Cereghetti
Corporate Health & Case Manager elipsLife CH/LI

Fachartikel «Coronavirus: Unterschätzte physische und psychische Folgen am Arbeitsplatz»

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