Fachartikel von Marco Cereghetti, Mai 2021

Konflikte am Arbeitsplatz – wenn es zwischen Mitarbeitenden und Chefs kracht

Konflikte am Arbeitsplatz sind oft die Ursache für krankheitsbedingte Fehlzeiten. Das gilt vor allem, wenn Arbeitsplatzkonflikte zu psychischen Erkrankungen führen. Kommt es zwischen Mitarbeitenden und ihren Chefs zum Krach, wirft das viele Fragen auf und macht insbesondere die Wiedereingliederung zur grossen Herausforderung. Es ist daher zweifellos im Interesse aller Beteiligten, Arbeitsplatzkonflikte möglichst zu vermeiden oder diese zumindest konstruktiv auszutragen.

Rund drei von vier Absenzen vom Arbeitsplatz erfolgen aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls. Bei den krankheitsbedingten Langzeitabsenzen ist seit Jahren eine Zunahme psychischer Fälle zu beobachten. Ärzte attestieren Betroffenen oft ein Burnout, eine Erschöpfungsdepression oder eine Anpassungsstörung. Was bei näherer Betrachtung auffällt, ist die Tatsache, dass in den meisten dieser Fälle ein Konflikt zwischen Mitarbeitenden und ihren Chefs mitspielt oder sogar die Ursache ist. 

Einmal ist es die unterschiedliche Auffassung über einen Auftrag oder die anstehende Reorganisation, ein anderes Mal ein persönliches Problem, das zu Konflikten zwischen Mitarbeitenden und ihren Chefs führt. Konkurrenzdenken, Neid oder Missgunst fungieren hierbei oft als Brandbeschleuniger. Gemeinsam ist allen Konflikten vor allem eines: Überforderung der Führungskräfte! 

Zu einer erfolgreichen Führung gehört die Fähigkeit, Konflikte konstruktiv und lösungsorientiert angehen zu können. Konflikte zu lösen ist eine Kernaufgabe jeder Führungskraft. Dabei spielt es im Grunde genommen keine Rolle, wer Recht oder Entscheidungsbefugnis hat, sondern es geht einzig und alleine um die Art und Weise, wie Konflikte angegangen, ausgetragen und gelöst werden. Schliesslich gilt es zu verhindern, dass Mitarbeitende krankgeschrieben werden und in der Folge der Arbeit fernbleiben. Ungelöste Konflikte am Arbeitsplatz schaden dem Betriebsklima und wirken sich negativ auf die Stimmung aller Mitarbeitenden aus. Und kommt es zu einem Arbeitsausfall, sind auch die wirtschaftlichen Folgen für den Betrieb erheblich. Diesem Umstand müssen Führungskräfte entschieden entgegenwirken. 

Mitarbeitende und Chefs können über bestimmte Fragen unterschiedlicher Meinung sein. Gleichwohl ist es zwingend, dass Chefs ihre Mitarbeitenden ernst nehmen und ihnen trotz unterschiedlicher Hierarchiestufen zuhören. Auch wenn Konflikte aufgrund der hierarchischen Verhältnisse nicht auf Augenhöhe ausgetragen werden können, sollten diese konstruktiv angegangen werden. Wenn Vorgesetzte sich einfach durchsetzen oder schlimmer, die Mitarbeitenden in die von ihnen gewünschte Richtung und Form biegen und drängen, kann das demoralisierend und emotional belastend wirken. Mitarbeitende fühlen sich in solchen Situationen gestresst, ihre Motivation, ihr Selbstbewusstsein und ihre Arbeitsleistung sinken, wodurch die nächsten Konflikte mit dem Chef vorprogrammiert sind. 

Damit es gar nicht so weit kommt und Konflikte mit Mitarbeitenden vorgebeugt werden kann, sollten Führungskräfte folgende Führungsgrundsätze beachten: 

1. Verbindliche Führung
Verbindlichkeit schafft Klarheit und Vertrauen. Klare Regeln, die gleichermassen für alle gelten, stellen sicher, dass Mitarbeitende wissen, woran sie bei ihren Vorgesetzten sind. Was heute gilt, soll auch morgen und übermorgen Bestand haben. Zur Verbindlichkeit gehört auch, dass Vorgesetzte Entscheidungen nicht vor sich herschieben. Chefs, welche stets vage bleiben und keine Entscheidungen treffen, sind unverbindlich, sie verunsichern oder verärgern gar ihre Mitarbeitenden. Lieber ein begründeter, negativer Entscheid als kein Entscheid. Möglichst klar definierte und konkrete Aufgaben und Massnahmen helfen Führungskräften verbindlich zu sein.  

2. Vertrauensbasierte Führung
Führungskräfte, welche ihren Mitarbeitenden ein hohes Mass an Vertrauen schenken, ermutigen diese zum Handeln und fördern das Verantwortungsgefühl. Darüber hinaus wird die Agilität sowie die gute Zusammenarbeit im Team unterstützt. Die Führungskraft wird so zum Coach, der nur noch punktuell Inputs und Orientierung gibt. Chefs hingegen, die alles kontrollieren und aus Angst vor Fehlern selbst erledigen wollen, entziehen den Mitarbeitenden das Vertrauen und schüren dadurch Konflikte. 

3. Wertschätzende Führung
Lob, Wertschätzung und Anerkennung können Führungskräfte in verschiedenen Formen zum Ausdruck bringen. Nicht jeder Mitarbeitende braucht das gleiche Mass an Anerkennung oder die gleiche Form der Wertschätzung, aber jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter tut es gut, gelobt zu werden. Haben Mitarbeitende hingegen das Gefühl, ihre Leistung wird nicht anerkannt und stets als selbstverständlich angenommen, führt das rasch einmal zu Unmut und Konflikten. Wertschätzung äussert sich übrigens nicht alleine in Gehaltserhöhungen, auch ein Dank oder Lob für die geleistete Arbeit gehören dazu. 

4. Beziehungsorientierte Führung
Natürlich haben Führungskräfte bei der Arbeit in erster Linie wirtschaftliche Vorgaben vor Augen sowie die Unternehmensziele, die sie mit ihren Teams erreichen wollen. Dabei ist die Gefahr gross, dass Mitarbeitende instrumentalisiert werden und für deren Probleme sowie für persönliche Gespräche kein Platz bleibt. Doch Führung ist auch Beziehungsarbeit. Mitarbeitende wünschen sich empathische Vorgesetzte, von denen sie ernst genommen werden und die ein offenes Ohr für Anliegen haben. Sie schätzen es, wenn sich Vorgesetzte nicht nur für die Arbeitsleistung, sondern auch für sie persönlich interessieren. Selbstverständlich gibt es Grenzen, denn zu viel Nähe und Empathie sind für die Führungsbeziehung nicht förderlich. Es gilt ein gesundes Mittelmass zwischen Nähe und Distanz zu finden, ansonsten erhöht sich die Konflikt-Wahrscheinlichkeit. 

Wo Menschen zusammen agieren, lassen sich Konflikte nie gänzlich vermieden. Dies gilt auch für die Zusammenarbeit zwischen Chefs und ihren Mitarbeitenden. Ein positives Konfliktmanagement vorausgesetzt, sind Konflikte aber immer auch Chancen und Grundlagen für persönliche und organisatorische Entwicklungen. 

Bei verhärteten Konflikten zwischen Chefs und ihren Mitarbeitenden kann eine Mediation hilfreich sein. Als Mediatoren kommen sowohl interne Mitarbeitende mit entsprechender Weiterbildung aus der Personalabteilung oder der Mitarbeiterkommission als auch externe Fachpersonen aus betrieblicher Sozialberatung oder dem Care Management infrage. Mit Hilfe einer Mediation lassen sich Eskalationen oder sogar Krankheitsausfälle oftmals verhindern und sie hilft, gangbare Lösungen zu finden. 

Hat ein ungelöster Konflikt am Arbeitsplatz hingegen bereits dazu geführt, dass Mitarbeitende der Arbeit fernbleiben und krankgeschrieben sind, kann der Beizug eines Case Managers hilfreich sein. Case Manager vermitteln zwischen den beteiligten Parteien und tragen dazu bei, den Konflikt zu lösen und letztlich die Arbeitsstelle zu erhalten. Ist eine Trennung aber unumgänglich, leisten Case Manager in arbeitsrechtlichen und versicherungstechnischen Fragen wertvolle Hilfe. 

Zur Person
Marco Cereghetti
Corporate Health & Case Manager elipsLife CH/LI

Fachartikel von Marco Cereghetti «Konflikte am Arbeitsplatz»

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